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Dumas will im Schmiergeldprozess um Elf-Aquitaine kämpferisch auftreten

Von Petra Klingbeil

Politik

Paris - Frankreichs ehemaliger Außenminister Roland | Dumas gibt sich kämpferisch und hat seine Verteidigung im Prozess um die Elf-Schmiergeldaffäre gründlich vorbereitet. Für den Prozess, der am Montag in Paris begann und in dem insgesamt sieben Personen auf der Anklagebank sitzen, hat der 78-jährige frühere Staranwalt eine klare Strategie entwickelt. Dumas, der von 1984 bis 1986 und 1988 bis 1993 Außenminister und von 1995 bis 2000 Präsident des Verfassungsrates war, will alle Anschuldigungen über Veruntreuung öffentlicher Gelder zurückweisen.


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"Er wird notfalls nicht zögern, auch Staatsgeheimnisse zu lüften", sagte ein befreundeter Jurist. Allerdings benötigt der sozialistische Spitzenpolitiker dazu starke Nerven. "Dumas hat Sachverhalte bewusst vertuscht und sich in Widersprüche verwickelt", heißt es in dem Bericht der Untersuchungsrichterin Eva Joly, die mit seinem Fall befasst war.

Im Gerichtssaal wird Dumas seine Gefährtin aus verschwenderischen Tagen, Christine Deviers-Joncour, wiedertreffen. Das ehemalige Mannequin hat sich über ihre Affäre mit dem Minister in ihrem Buch "Die Hure der Republik" ausgelassen. Dumas soll der heute 53-Jährigen einen Job beim Ölkonzern Elf-Aquitaine verschafft haben, für den sie zwischen 1989 und 1993 knapp 65 Millionen Francs (9,91 Mill. Euro/136,4 Mill. Schilling) erhalten haben soll.

Von dem Geld soll auch Roland Dumas profitiert haben. Es gab Geschenke wie griechische Statuen für 300.000 Francs und handgefertigte Lederschuhe für 11.000 Francs. Auch eine 17 Mill. Francs teure Luxus-Wohnung in Paris soll mit betrügerischen Mitteln gekauft und von Dumas genutzt worden sein.

Die Korruptionsaffäre hat Dumas im März des vergangenen Jahres den Posten als Präsident des Verfassungsrates (Verfassungsgerichtshof) gekostet und seine brillante politische Karriere abrupt beendet. Die dunkelhaarige Deviers-Joncour hielt Dumas lange die Treue und schwieg trotz einer sechsmonatigen Untersuchungshaft. Doch schließlich änderte sie ihre Strategie und brachte ihren Ex-Geliebten auch ins Spiel.

Seitdem interessiert sich auch das Finanzamt für nicht deklarierte Bargeldzahlungen, die Dumas erhalten hat. Der gesundheitlich angeschlagene Ex-Minister, Sohn eines unter der deutschen Nazi-Besatzung hingerichteten Widerstandskämpfers, hat mittlerweile sein Wohnhaus in Paris verkauft. Seine Ehefrau denkt nach über 37 Ehejahren jetzt an Scheidung. Doch nach dem Studium mehrerer 1.000 Seiten Unterlagen ist der frühere Anwalt von Sartre, Picasso und Pavarotti überzeugt, seine Sache am besten selbst vertreten zu können. Er will gewichtige Persönlichkeiten in den Zeugenstand rufen - darunter die früheren sozialistischen Premierminister Pierre Mauroy (1981 bis 1984) und Michel Rocard (1988 bis 1991).

Der Prozess soll fast vier Wochen dauern. Sollten die Richter Dumas und seine frühere Freundin schuldig sprechen, so drohen ihnen fünf Jahre Haft und Geldstrafen in Höhe von 2,5 Mill. Francs. Mitangeklagt ist auch der frühere Elf-Chef Loik le Floch Prigent. Die angebliche Schlüsselfigur dieses Schmiergeldsumpfes ist allerdings immer noch auf der Flucht. Alfred Sirven, früher rechte Hand des Elf-Chefs, wird immer wieder woanders gesichtet, manchmal unter Palmen auf den Philippinen und zuletzt im Libanon.

Der Konzern Elf Aquitaine, der heute in TotalFinaElf aufgegangen ist, war lange Jahre Frankreichs reichster und mächtigster Industrie-Konzern und auch immer wieder in politisch-finanzielle Skandale verwickelt. Die reichen bis in die höchsten Staatsämter und haben Dutzende von Ermittlungsverfahren ausgelöst. Auch die Schmiergeldzahlungen der Elf-Leuna Affäre gehören dazu, doch sehr weit gekommen sind diese Untersuchungen bisher nicht. dpa