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Dumpingpflege - Pflegedumping

Von Katharina Schmidt

Politik

Personenbetreuung: Trotz Neuregelung der Gewerbe besteht viel Handlungsbedarf.


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Wien. Das Land ist fremd, der Haushalt ist fremd, oft ist auch die Sprache fremd. 24-Stunden-Pflegekräfte kommen aus Ländern wie Rumänien, Bulgarien oder Ungarn nach Österreich, um hier zwei Wochen lang eine pflegebedürftige Person rund um die Uhr zu betreuen. Mehr als 56.000 solcher "selbständigen Personenbetreuer" sind derzeit im Land aktiv. Vermittelt werden sie von eigenen Agenturen, die immer wieder in die Kritik geraten. "Es sollte Qualitätsstandards für Agenturen geben, denn die vermitteln oft einfach nur und schauen nicht genau hin", sagt Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger. Mit einer Novelle der Gewerbeordnung im vergangenen Jahr wurden immerhin die Gewerbe getrennt: Neben der Personenbetreuung ist nun auch die Agenturtätigkeit ein eigenes Gewerbe. Seit Jänner gibt es eigene Standesregeln für die Agenturen, die unter anderem ethisches Handeln vorschreiben. Die theoretischen Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Regeln gehen von einer vorsichtigen Ermahnung und Hilfestellung der Wirtschaftskammer bis hin zu einem Zivilprozess und Entzug der Gewerbeberechtigung.

Gütesiegel in Wien geplant

Noch sind die Auswirkungen der Standesregeln allerdings kaum spürbar: "Es hat sich schon gezeigt, dass die Agenturen langsam die Verträge ändern", sagt Harald Janisch, Obmann der Fachgruppe Personenbetreuung in der Wiener Wirtschaftskammer. Allerdings werde erst bis Jahresende klar sein, wie sich die Trennung der Gewerbe auswirkt. Janisch arbeitet derzeit nicht nur an einem Gütesiegel für Vermittlungsagenturen, sondern auch an Ausbildungsmöglichkeiten für die Personenbetreuerinnen selbst.

Denn weil ja die Personenbetreuung ein freies Gewerbe ist, braucht es theoretisch gar keine Ausbildung, um in diesem Bereich tätig zu werden. Eine Förderung für den Betreuten wird allerdings erst dann gezahlt, wenn die Betreuerin einen Pflegekurs von zumindest 220 Stunden bei einem anerkannten Träger wie Caritas oder Rotes Kreuz absolviert hat, erklärt Berufsgruppensprecherin Bibiana Kudziova. Selbst dann dürfen Betreuerinnen aber zum Beispiel keine Spritzen setzen oder auch nur den Verband wechseln. Dazu brauchen sie die Unterschrift eines Arztes, die allerdings oft nicht zustande kommt, sodass Betreuerinnen die alleinige Verantwortung tragen müssen.

Zu ihren größten Problemen zählen Dumpingpreise: "Heute kann man froh sein, wenn man 50 Euro am Tag verdient - oft sind es auch nur 30 Euro", sagt Kudziova. Dazu kommt, dass viele Agenturen die Turnusdauer in Österreich verlängern, um Reisekosten zu sparen - laut Kudziova auch schon einmal von zwei Wochen auf drei Monate.

Für die Betreuerinnen ist das extrem anstrengend - und für die Betreuten bedeutet es Qualitätseinbußen. Neben einer besseren Kommunikation zwischen Agenturen und Kunden auf der einen und Betreuerinnen auf der anderen Seite über die Rechte und Pflichten der Letzteren wünscht sich Kudziova daher vor allem eines: einen Pflegefonds, der die Finanzierung sichert.

Leitfaden für Begleitung

Einem Hauptproblem, nämlich der Kommunikation zwischen Betreuerinnen und Gepflegten in der letzten Lebensphase, soll nun eine Broschüre des Dachverbands Hospiz Abhilfe schaffen. Der Ratgeber "Begleiten bis zuletzt" ist nun in den Sprachen Ungarisch, Rumänisch und Slowakisch verfügbar. Darin finden sich unter anderem Informationen über die körperlichen und psychosozialen Bedürfnisse von Sterbenden und die wichtigsten Kontaktadressen für Pflegende.

Zum Beispiel wird darin erläutert, dass das Bedürfnis nach Nahrung und Wasser im Sterbeprozess stark abnimmt, die Pflegenden aber auf die Mundpflege achten müssen, um das Gefühl der Austrocknung zu verhindern. Beschrieben werden auch typische körperliche Symptome, um den Angehörigen ein wenig Sicherheit zu geben. "So oft ich diese Broschüre zur Hand nehme, lerne ich immer noch etwas", sagte Waltraud Klasnic, Präsidentin des Dachverbands Hospiz, bei der Präsentation am Dienstag. Übersetzung und Druck wurden von Sparkassenverband, Erste Stiftung und Sozialministerium finanziert.

Die Broschüre "Begleiten bis zuletzt" steht auf Deutsch, Rumänisch, Slowakisch und Ungarisch unter der Adresse www.hospiz.at zum Download zur Verfügung.