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Dumpingpreise im Rotlichtmilieu

Von Petra Tempfer

Politik

Wiener Grüne ziehen ein halbes Jahr nach neuem Prostitutionsgesetz Bilanz.


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Wien. "Jetzt machen die Jungen fast alles für kein Geld. 15 Euro ist ja fast nichts", sagt Svetlana, eine ehemalige Prostituierte, über die Sexarbeit in Wien ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des neuen Wiener Prostitutionsgesetzes.

Die gebürtige Ungarin spricht damit die Situation im Wiener Prater an: der einzige Ort des traditionellen Rotlichtmilieus in Wien, an dem Prostitution laut neuem Gesetz noch immer erlaubt ist. Verbietet dieses doch die Ausübung des "horizontalen Gewerbes" in Wohngebieten, zu denen etwa auch der Gürtel zählt. Konkurrenzkämpfe und Dumpingpreise sind die Folge. Eine Tatsache, die den Initiatoren der Gesetzesnovelle - der rot-grünen Stadtregierung - ebenfalls zu denken gibt.

"Es hapert noch an der Umsetzung", räumte Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Grünen Wien, am Mittwoch in einer Pressekonferenz anlässlich des Internationalen Hurentages am 2. Juni ein. Zwar habe die Novelle zu einer Entlastung der Anrainer in den Straßenstrichgebieten wie etwa am Gürtel geführt - neue sichere Gebiete für die Straßenprostitution gebe es allerdings zu wenige. Liegen doch jene Regionen, in denen Sexarbeit nun erlaubt ist, zumeist in dunklen Industriegebieten der äußeren Bezirke abseits von Infrastruktur und Stundenhotels, weil sie bisher nicht Teil der Rotlichtszene waren.

Als zusätzliche Erlaubniszonen, die im Wohngebiet liegen dürfen und vom Bezirk freigegeben werden müssen, waren der Sechshauser Gürtel, der Neubaugürtel sowie der Josef-Holaubek-Platz nahe der Wirtschaftsuniversität im Gespräch - sie wurden abgelehnt. Und auch im Prater wird die Prostitution wegen zahlreicher Anrainerbeschwerden ab 1. Juni nur noch in der Nacht erlaubt sein.

"Frauen vor Gewalt schützen"

"Unsere Aufgabe ist nun, hier die Frauen zu schützen", heißt es aus dem Büro von Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SP-). "Wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht zur Sexarbeit gezwungen werden", ergänzt Hebein. Bei jeder Neuanmeldung zur Prostitution werde ein Gutschein für eine NGO-Beratung angeboten. Ein wesentlicher Schritt zu mehr Sicherheit wäre der Fall der Sittenwidrigkeit, was aber nur auf Bundesebene beschlossen werden kann. Die Wiener Grünen hätten bereits einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Derzeit ist die Prostitution zwar legal - der Vertrag zwischen Sexarbeiterin und Freier jedoch sittenwidrig, was bedeutet, dass Erstere zum Beispiel ihr Geld nicht einklagen kann.

Zumindest in Wien wäre man sich über die Streichung der Sittenwidrigkeit einig. Sowohl die Frauenstadträtin als auch ÖVP und FPÖ sind dafür. Die Novelle sieht Wolfgang Ulm, Sicherheitssprecher der ÖVP Wien, schon kritischer: "Es wäre besser gewesen, die Straßenprostitution zu verbieten." Diese Ansicht vertritt auch die Wiener FPÖ, "allerdings hätte es Ausnahmeregelungen geben sollen", so Dietbert Kowarik, FP--Bezirksparteiobmann in Rudolfsheim-Fünfhaus.

"Wir müssen anerkennen, dass es Sexarbeit gibt", kontert Hebein, "Verbote lösen das Problem nicht." Derzeit seien 2900 Prostituierte in Wien gemeldet, die Polizei schätzt, dass es doppelt so viele Illegalisierte gibt. 85 Prozent haben Migrationshintergrund. Die Zahl der Freierkontakte wird auf 15.000 pro Tag geschätzt.