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Dunkel des Universums erhellt

Von Gisela Ostwald

Wissen

Erste Bilder aus den Kindertagen des Universums sind die größte wissenschaftliche Errungenschaft des Jahres 2003. Die Satellitenbilder bringen plötzlich Licht in das mysteriöse | Dunkel des Alls, schreibt das renommierte US-Fachjournal "Science" (Bd. 302, S. 2.038) in seinem traditionellen Jahresrückblick und bezeichnet die fotografische Ausbeute der WMAP-Sonde (Wilkinson-Mikrowellen-Anisotropen-Sonde) als "Durchbruch des Jahres". Die Astronomen konnten da- | mit das Alter des Universums mit einer Unsicherheit von nur | 1 Prozent auf exakt 13,7 Milliarden Jahre bestimmen.


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Durch die Bilder vom kosmischen Mikrowellen-Hintergrund (CMB) wüssten Astrophysiker heute weit mehr über die Entstehung des Alls als je zuvor. "Alle Fragen der vergangenen Jahrzehnte zu seinem Alter, seiner Ausdehnung, Beschaffenheit und Dichte sind mit einem Schlag beantwortet", heißt es in "Science".

Die Mikrowellen (CMB) seien das älteste Licht im Universum. Es stamme noch von jenen Strahlen, die der gerade geborene Kosmos als glühender Plasma-Ball abwarf. "Dieses schwache Mikrowellen-Glühen umgibt uns wie ein weit entfernter Feuerwall. Und die Einkerbungen auf dem Wall - winzige Schwankungen in der Temperatur und anderen Eigenschaften des Lichts - verraten uns, woraus der Weltraum gemacht ist", erläutert das Fachjournal.

Demnach stehe jetzt fest, dass das Universum nur zu vier Prozent aus "normaler" Materie besteht. Weitere 23 Prozent entfielen auf unerforschte Partikel, so genannte "dunkle Materie", und der Rest sei "dunkle Energie". Weitere Erkenntnisse über die Kräfte im All habe das Projekt Sloan Digital Sky Survey (SDSS) erbracht. Es stellte im Oktober eine Karte von einer viertel Million Galaxien im Weltraum vor.

Krankheitsgene

Die Nummer zwei auf der "Science"-Liste der Top-Ten-Erkenntnisse des Jahres 2003 geht an die Genforschung. Sie identifizierte mehrere Gene, die das Risiko für Geisteskrankheiten und -störungen wie Schizophrenie, Depression und manisch-depressives Verhalten erhöhen. Vor allem aber wurde klar, warum die Suche nach der verantwortlichen Erbanlage so schwer war: Ein Gen etwa, das die Gefahr für Depressionen mit sich bringt, wird nur in Kombination mit Stress aktiv. Seine Träger werden im Laufe ihres Lebens vor allem dann von Depressionen ereilt, wenn sie in ihren frühen zwanziger Jahren einen Todesfall, Job-Verlust oder eine verlorene Liebe betrauern müssen.

Platz drei der "Science"-Top-Ten ging in diesem Jahr an die Klimaforschung, die weitere Aufschlüsse über die Auswirkungen der Globalen Erwärmung lieferte. Platz vier auf der Liste besetzt der "Gewinner" von 2002: Die kleinen Ribonukleinsäuren (RNA), könnten der Medizin mit neuen Entdeckungen aus diesem Jahr einmal helfen, den Aidserreger HIV und die Leberkrankheit Hepatitis zu besiegen.

Die Zusammenarbeit zwischen Biologen und Physikern erbrachte neue Einsichten über bestimmte einzelne Moleküle (Single Molecules) in Zellen. Große Überraschung rief die Erkenntnis hervor, dass sich embryonale Stammzellen von Mäusen sowohl zu Sperma als auch zu Eizellen entwickeln können. Die Entdeckung von Duplikat-Genen erklärte erstmals, warum das männliche Y-Chromosom "keinen Partner braucht" wie alle anderen menschlichen Chromosomen.

Astronomen bestätigten 2003, dass es eine Verbindung zwischen den zwei explosivsten Ereignissen im Weltraum gibt, dem Ausbruch von Gammastrahlen und der Entstehung einer Supernova. Mehrere Teams konnten beweisen, dass bestimmte Materialien das Licht und andere elektromagnetische Strahlen in die "falsche" Richtung schicken, eine Erkenntnis, die einmal bessere Linsen erbringen könnte. Ein neues Mittel, das Tumoren die Blutzufuhr abschneidet, verlängerte - in Kombination mit konventionellen Chemotherapien - das Leben von Krebspatienten.

Breakdown: Columbia

Außer den wichtigsten "Breakthroughs" der Wissenschaft hob das Journal erstmals auch den größten "Einbruch" (Breakdown) des Jahres hervor: Die Explosion der Raumfähre Columbia beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre am 1. Februar 2003.