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Dunkle Wolken

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Der neue Finanzminister ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. In Banken- und Ökonomenkreisen wird mittlerweile eine neuerliche Rezession im Euroraum für möglich gehalten, gepaart mit einer inexistenten Inflation. Die heurigen Wachstumsprognosen wurden für Deutschland deutlich nach unten korrigiert, das wird auch Österreich treffen. Für heuer wird es sich beim Budget wohl ausgehen, aber der Plan für 2015 wird wohl einer stärkeren Revision unterzogen werden als bisher vermutet.

In den USA setzen Finanzinstitute zweistellige Milliardenbeträge für Wetten auf einen weiteren Verfall des Eurokurses ein. In der wirtschaftspolitischen Logik würde ein schwacher Euro die globale Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie stärken. Ob das allerdings in Europa Investitionen auslöst, die neue Jobs schaffen, ist mehr als unsicher. Denn Deflation im Euroraum würde die private Nachfrage mangels Lohnerhöhungen weiter drücken, und in einer gedrückten Stimmung investieren Unternehmen nicht so gerne.

Nun wird in Alpbach gerade über Sinn und Unsinn des Wachstumsgedankens philosophiert. In der Tat ist die Messgröße "Bruttoinlandsprodukt" (BIP) zu hinterfragen. Allerdings gibt es diese Messgröße der Wirtschaftsleistung halt, und an ihr orientieren sich auch Defizit- und Schuldenquoten.

Der ÖVP-Satz, 80 Prozent Staatsverschuldung (gemessen am BIP) seien zu hoch, daher sei eine Steuerreform nicht zu finanzieren, ist daher statisch betrachtet richtig.

Was aber, wenn die Wirtschaft tatsächlich noch stärker in die Knie geht? Dann helfen diese Zahlen nicht weiter, dann müssten die europäischen Staaten noch einmal in die Schatulle greifen, auch Österreich.

Sehr wahrscheinlich ist, dass die Europäische Zentralbank massiv in Anleihekäufe europäischer Staaten einsteigt, Analysten reden von 1000 Milliarden Euro. Damit könnten die Zinsen niedrig gehalten werden, vorerst wenigstens.

Die Finanzminister und Regierungschefs der EU werden aber wohl nicht umhinkommen, in der Wirtschaftspolitik eine massive Kehrtwende vorzunehmen. Das umfasst einerseits die Wiederentdeckung des Begriffes Leistung in der politischen Debatte. Doch es umfasst auch Reformen und massive gemeinschaftliche Investitionen in Bildung und Forschung. Wie gesagt, der neue Finanzminister ist nicht zu beneiden.