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Dünne Personaldecke

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Der Bundeskanzler fährt dieser Tage nach London - und übt sich bereits in understatement: "Es gibt Dinge im Leben, die wünscht man sich nicht, und das gehört dazu", sagte er zur Debatte, ob Griechenland die Eurozone verlassen soll. Die wogt heftig in Deutschland, und eines soll dabei erwähnt werden: Deutsche Medien gingen mit Österreichs Finanzministerin recht unsanft um, weil sie Vertrauliches aus Ratssitzungen ausplauderte. Das war kritisierenswert, aber was sich in Deutschland FDP-Chef Philipp Rösler und CSU-Spitzenpolitiker leisten, geht auf keine Kuhhaut. Hexenvergleiche bekommen diese von den deutschen Kollegen aber nicht.

Im Zentrum der Debatte steht die Warnung der Ratingagentur Moody’s, das Top-Rating Deutschlands, das AAA, herabzustufen. Die Populisten machen daraus den Satz, dass die hohen Haftungen für Griechenland nun Geldgeber Deutschland selbst bedrohen würden.

Indes, der Satz ist falsch: Die Ratingagentur warnt vielmehr davor, dass ein (wahrscheinlich gewordener) Austritt der Griechen aus der Eurozone sofort zu einer Ansteckung Spaniens und Italiens führen würde - und dies wäre die wahre Gefahr für Deutschland. Indirekt warnt Moody’s also vor einem "Grexit" - wie viele andere. Griechenland kann nicht isoliert betrachtet werden.

Auch in Österreich gibt es diese verkürzte Sichtweise: BZÖ-Chef Josef Bucher fordert, die Regierung solle die Euro-Rettungsmaßnahmen sofort beenden. Damit steht er in einer Reihe mit der FPÖ: Sollte das BZÖ 2013 den Wiedereinzug in den Nationalrat schaffen, ist die Partei damit genauso regierungsuntauglich wie die Blauen.

Die Regierungsfähigkeit geht zunehmend auch den CDU-Partnern FDP und CSU in Deutschland verloren. CSU-Spitzenmann Horst Seehofer macht längst nicht bei Griechenland Halt. Er stellte den innerdeutschen Finanzausgleich in Frage: Bayern zahle zu viel Geld für wirtschaftlich schwächere Bundesländer wie Berlin.

Nun, so stellt man sich Solidarität vor. Auf Österreich umgemünzt könnte demnach etwa Oberösterreich erklären, dass es unerträglich sei, das Südburgenland zu finanzieren.

Womit (leider) der Finger in eine bisher unterschätzte Wunde gelegt ist: Zur Beilegung der Euro-Krise fehlt es der EU nicht nur an politischen Strukturen, sondern vielerorts auch an geeignetem politischen Personal.