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Ärzte-Fusion in Gruppenpraxen. | Standorte richten sich nach den Bevölkerungszahlen. | Wien. "Wie soll ich denn dann zu meinem Röntgen kommen, wenn es nur mehr an 16 Plätzen in ganz Wien möglich ist", klagt eine Pensionistin aus Wien-Währing, die gerade zum "Diagnosticum Gersthof" unterwegs ist. Dieses könnte genauso wie die etwa 50 weiteren Wiener Röntgenambulatorien in naher Zukunft geschlossen werden.
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Der Grundstein dazu wurde 2008 im Österreichischen Strukturplan für Gesundheit (ÖSG) gelegt. Dieser sieht vor, Standorte für medizinische Großgeräte optimal - gemessen an den Bevölkerungszahlen - zu platzieren.
Damit sind Röntgengeräte, Computer- und Magnetresonanz-Tomographen gemeint. "Der speziell für diese ausgearbeitete Großgeräteplan gibt vor, wie viele Gebietskrankenkasse-Verträge maximal vergeben werden dürfen", präzisiert Jan Pazourek, stellvertretender Generaldirektor der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK). Die Anzahl und Verteilung dieser Geräte obliegen laut Sigrid Rosenberger, Sprecherin des Gesundheitsministeriums, den Bundesländern. Daher sollen sie nicht im ÖSG, sondern im Regionalen Strukturplan für Gesundheit (RSG) festgelegt werden.
Diesbezügliche Verhandlungen laufen derzeit auf Hochtouren, schon "im November soll der RSG beschlossen werden", verkündet Pazourek gegenüber der "Wiener Zeitung". Nicht nur die WGKK ist involviert: Da sowohl Ordinationen, als auch private Krankenanstalten Radiologie anbieten, werden auch Ärzte- und Wirtschaftskammer miteinbezogen.
"Um einen ausgeklügelten Detailplan für Wien entwickeln zu können, haben wir zuerst externe Institute damit beauftragt, die wissenschaftlichen Grundlagen für den RSG zu erstellen", erklärt Pazourek. Erst danach habe die WGKK die Ärzte- und Wirtschaftskammer "in den Prozess eingeklinkt", fährt der stellvertretende Generaldirektor fort. Derzeit sei man damit beschäftigt, die Ergebnisse für die Beschlussfassung zu bündeln.
Zwei Zentren im Ersten
"Natürlich gehen schon im Vorfeld die Wogen hoch", meint Pazourek, "und die Neuerung deckt vermutlich nicht alle Wünsche ab." Tatsächlich sei aber noch nicht geklärt, bei welchen Röntgeninstituten der Vertrag mit der WGKK nicht mehr verlängert werden könnte. In der Innenstadt werden voraussichtlich zwei Zentren platziert.
"Fakt ist, dass die medizinischen Großgeräte innerhalb der nächsten Jahre an 16 Standorten in Wien konzentriert werden sollen, die auf drei Versorgungsregionen aufgeteilt sind", erklärt Pazourek. Wien zerfalle somit in die Regionen Wien-Süd (innerhalb des Gürtels sowie der 2., 20., 3., 10. und 11. Bezirk), Wien-Nord (21. und 20. Bezirk) und Wien-West (vom 23. im Süden bis zum 19. Bezirk im Norden).
"Die mengenmäßige Aufteilung innerhalb dieser Regionen wurde genau berechnet", berichtet Pazourek - sie richte sich nach der für 2015 prognostizierten Bevölkerungszahl. Somit sind in Wien-Süd sieben, in Wien-Nord drei und in Wien-West sechs Standorte geplant.
Sowohl Ärzte als auch Patienten würden laut Pazourek von einer Konzentration sämtlicher radiologischer Geräte profitieren. "Gruppenpraxen - um die es sich handeln wird - können länger offen halten", sagt er, "und für die WGKK stellt die wirtschaftliche Einheit der Zentren folgenden Vorteil dar: Wenn mehr Umsatz gemacht wird, profitieren wir davon."
Für jene, die derzeit ein Röntgenambulatorium betreiben, ist die Standort-Reduktion hingegen unverständlich. So auch für Hans Peter Sochor, Leiter des "Diagnosticums Gersthof". "Das ist doch nicht einzusehen, warum ich so viel verlorenen Aufwand betrieben haben soll", klagt er, "ich habe in den Vorjahren acht Millionen Euro in Strahlenschutz oder Belüftung investiert und erst vor kurzem einen Computertomographen angeschafft - um rund zwei Millionen Euro!"
Der Spezialist fürchtet außerdem, für etwaige Neuanschaffungen in Zukunft keine Kredite mehr zu bekommen. "Welche Bank tut das, wenn unsicher ist, wie lange es das Institut noch gibt", fragt er sich.
Rund 40.000 Patienten lassen hier jährlich etwa 80.000 Untersuchungen durchführen, von denen eine um die 100 Euro kostet. Sochor ist rätselhaft, wie der Bedarf an radiologischen Behandlungen künftig an nur wenigen Standorten abgedeckt werden soll.
Die Existenzangst des Institutsleiters kann Johannes Steinhart, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, nicht nachvollziehen. "Es geht ja nicht um Schließungen im klassischen Sinn", betont er, "wir wollen beim Zurückziehen einzelner Ärzte ein ordentliches Ausstiegsszenario ermöglichen oder einen guten Umstieg in eine größere Einheit." Außerdem hätte die WGKK ursprünglich nur drei Standorte vorgesehen - 16 stelle bereits eine wesentliche Verbesserung dar.