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Duque, Journalistin in Lebensgefahr

Von Alexander U. Mathé

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Seit zehn Jahren wird eine kolumbianische Enthüllungsjournalistin mit Morddrohungen eingeschüchtert. Doch sie gibt ihre Arbeit nicht auf.


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Am 17. November 2004 um 19.52 Uhr läutete bei Claudia Julieta Duque das Telefon. In dieser Minute veränderte sich das Leben der kolumbianischen Journalistin. "Wir müssen uns leider mit dem beschäftigen, was Ihnen am liebsten ist, weil Sie sich in Sachen einmischen, die Sie nichts angehen, Sie Schlampe!", sagte der Mann am anderen Ende der Leitung. Nichts könne ihre Tochter jetzt noch schützen, man werde sie vergewaltigen. "Ihre Tochter wird leiden, wir werden sie bei lebendigem Leib verbrennen, wir werden ihre Finger in Ihrer Wohnung verteilen."

Duque hat sich auf die kriminellen Machenschaften der kolumbianischen Paramilitärs spezialisiert. Die Korrespondentin von Radio Nizkor berichtete unter anderem über die Rekrutierung von Kindersoldaten und die Infiltrierung der AUC, einer rechtsgerichteten Truppe, in die Regierung, zumal das Büro des Generalstaatsanwalts. Dass dies keine Hirngespinste waren, wurde erst am Mittwoch bestätigt. Mario Uribe, der Cousin von Ex-Präsident Alvaro Uribe, wurde zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Gericht sah es als erwiesen an, dass der Ex-Senator enge Kontakte zur AUC unterhielt.

2001 begann Duque den Fall des 1999 ermordeten Journalisten Jaime Garzón zu recherchieren - sehr zum Missfallen des Geheimdiensts und der AUC. Sie wurde gekidnapped, ausgeraubt, illegal abgehört, mit dem Tod bedroht und überlebte einen Mordanschlag. Als Folge ging die Journalistin 2001 ins Exil nach Ecuador. Ein Jahr später kehrte sie zurück und nahm ihre Arbeit wieder auf; Leibwächter sorgten für ihre Sicherheit.

Je mehr sie sich in den Fall Garzón vertiefte, umso häufiger wurden die Drohungen. In den Jahren 2003 und 2004 erhielt Duque bis zu 70 Drohanrufe am Tag. Jener vom 17. November war dann der, den sie nicht mehr ignorieren konnte. Gemeinsam mit ihrer damals zehnjährigen Tochter ging sie erneut ins Exil.

Das Ergebnis ihrer Recherche führte schließlich dazu, dass der - angeblich untergetauchte und mittlerweile für tot erklärte - AUC-Anführer Carlos Castaño in Abwesenheit wegen des Mordes an Garzón zu 38 Jahren Haft verurteilt wurde.

2006 kehrte Duque nach Kolumbien zurück, doch Morddrohungen bekam sie weiterhin. Nachdem die AUC aufgelöst worden war, übernahm es nun die Nachfolgeorganisation "Schwarze Adler", die Journalistin einzuschüchtern.

2008 ging sie zum dritten Mal ins Exil, da sie sich ihrer vom Staat gestellten Leibwächter nicht mehr sicher sein konnte. Hatte sie doch erfahren, dass diese heimlich Berichte über sie an den Geheimdienst übermittelten. Noch im selben Jahr kehrte sie zurück, da das Verfassungsgericht beschieden hatte, dass ihr alle sie betreffenden Unterlagen des Geheimdiensts auszuhändigen seien. Darunter fand sich die getippte Vorlage für den Drohanruf vom 17. November 2004.

Am Freitag hat Duque die Vergangenheit wieder eingeholt. Sie und weitere vier kolumbianische Journalisten haben per E-Mail Morddrohungen von den "Schwarzen Adlern" erhalten. Doch ihre Arbeit gibt Duque nicht auf.