Staat heute | präsenter denn je. | Deregulierung: Wirtschaft wächst. | Wien. Nicht nur die jüngste Garantie des Bundes für die Bawag, sondern auch die Förderung der beiden finanziell angeschlagenen steirischen Fussballklubs durch die öffentliche Hand haben gezeigt, dass der Staat nach wie vor großen Einfluss auf die Wirtschaft hat. Wieviel Staat braucht aber die Wirtschaft? Diesem Thema widmete sich Donnerstagabend in Wien eine Podiumsdiskussion des Österreichischen Cartellverbandes mit Vertretern von Wirtschaft und Politik unter Moderation von "Wiener Zeitung"-Chefredakteur Andreas Unterberger.
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Für Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, ist der Staat heute präsenter denn je. Einerseits liegt in den meisten westlichen Volkswirtschaften die Staatsquote, also die staatliche Aktivität an der wirtschaftlichen Gesamtleistung, bei rund 50 Prozent. Andererseits ist die öffentliche Hand ein wichtiger Regulator. "Gerade der Finanzmarkt braucht rasche und effiziente Kontrolle", spielt Helmenstein auf die Bawag an. Aber auch in Frankreich und den USA würde der Staat massiv protektionistisch agieren, ergänzt Josef Taus, Unternehmer und ehemaliger Spitzenpolitiker der ÖVP, und begräbt die Mär der "liberalen USA".
Arbeitswillige behindert
"Der Staat hat die Aufgabe, Konsumenten, Umwelt und Arbeitnehmer zu schützen", so Andreas Rudas, ehemaliger SPÖ-Geschäftsführer und derzeit in der WAZ Medien Gruppe. Trotzdem ortet er - nach Eigendefinition ein "Neoliberaler" - die Gefahr, dass die öffentliche Hand durch Überregulierung Arbeitswillige und die Wirtschaft selbst unzulässigerweise einschränkt und nennt die restriktiven Ladenöffnungszeiten als Beispiel: "Weil man die alleinstehende dreifache Mutter schützen will, behindert man alle." So kontrolliere der Staat die Wirtschaft "durch die Hintertüre". Dem stimmt Taus zu: "Laufend entstehen neue Behörden mit neuen Befugnissen." Für ihn bedeutet Bürokratie Macht ohne Verantwortung. Die Kontrolleure säßen auf der sicheren Seite, während diejenigen, die die Wertschöpfung im Land erarbeiten, ihr Geld riskierten. "Jeder will kontrollieren aber keiner will spielen", so Taus.
Dass der Staat aber auch ein guter Unternehmer sein kann, ist sich Post-General Anton Wais sicher: "Wenn man gute Manager beschäftigt, dann kann auch ein Staatsbetrieb erfolgreich arbeiten." Trotzdem müsse aber die öffentliche Hand intervenieren, wenn Staatsinteressen betroffen sind. Im Falle der Bawag ist das ein funktionierender Kapitalmarkt.
Helmenstein spricht sich für eine weitgehende Deregulierung und Absenkung der Staatsquote aus. Dadurch ließe sich das Wirtschaftswachstum steigern, wie das Beispiel Irland zeigt, womit dem Staat mehr Geld für Bildung und Soziales zur Verfügung stehe. Warum agiert die öffentliche Hand aber so bürokratisch? Taus: "Die Minister sitzen in barocken Palais wie in einer Großmacht. Das verdirbt sie."