Die Durchlässigkeit der massiv gesicherten deutschen Ostgrenze macht den hiesigen Behörden zunehmend zu schaffen. Im verflossenen Jahr hat der Bundesgrenzschutz (BGS) 18.473 unerlaubt Eingereiste | erfaßt, 7.000 davon wurden nach Angaben von Innenminister Schily von kommerziellen Schleusern ins Land gebracht. Das ist eine sprunghafte Steigerung gegenüber 1997, aber Schily hält es für "nicht | denkbar, daß wir Mauern oder ähnliche Grenzbefestigungen bauen".
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Vorläufig setzen die Behörden auf eine neue "Geheimwaffe": Die Bestrafung von Taxifahrern wegen "Einschleusung von Ausländern".
Schon seit über einem Jahr droht der BGS den Taxifahrern im Grenzbereich mit "Freiheits- oder Geldstrafen", mit "Einziehung des Fahrzeugs" oder gar dem "Entzug der Konzession", wenn sie "an illegalen
Grenzübertritten" mitwirkten. Sie sollen "auf verdächtige Personen" und "ungewöhnliche Verhaltensweisen Fremder achten", "Ausländerfahrten ablehnen" oder dem BGS melden. Man will verhindern, daß
Flüchtlinge per Taxi aus der 30-km-Grenzzone heraus gelangen und in einer Aufnahmestelle für Asylbewerber die Aufenthaltsgenehmigung beantragen.
Der Taxi-Unternehmerverband kontert, daß solche Auflagen für die Fahrer jeder gesetzlichen Grundlage entbehren.
Innenminister Schily verteidigt die BGS-Auflagen, denn "Taxifahrer könnten sehr wohl erkennen, wenn es sich um offensichtlich unerlaubt eingereiste Personen handelt".
Inzwischen gilt "Ausländerfahren" als gefährlich. Michael Rößler, Taxifahrer aus Zittau, wurde zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt. Drei Zittauer waren schon vor ihm verurteilt worden,
weil sie sich mit ihrem Wagen in der Nähe illegaler Grenzgänger aufgehalten hatten. Anfang dieses Monats war der Taxifahrer Klaus Wünschmann aus Zittau zu zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt
worden. Für die meisten Verfahren ist typisch, daß die Fahrer nicht aufgrund von Beweisen, sondern aufgrund von Indizien und "richterlicher Überzeugung" als Schleuser verurteilt wurden. Meist ohne
Bewährung, um als "abschreckende Beispiele" auf die Berufskollegen zu wirken.
Im Landkreis Zittau-Löbau laufen gegen 22 von 73 Taxifahrern Ermittlungsverfahren. In Brandenburg und in Sachsen sind über einhundert Verfahren anhängig. Auch in Berlin laufen mindestens vier
Verfahren wegen Aufnahme von Ausländern in Nähe des Flugplatzes Schönefeld. Drei Fahrer aus Guben und Forst wurden mit Bewährungsstrafen und Entzug ihrer Lizenzen bestraft.
Die sächsische PDS kündigte eine Bundesratsinitiative an, um den umstrittenen Schleuserparagraphen 92a im Ausländergesetz zu kippen. Auch im bayerischen Grenzgebiet zu Tschechien und Österreich haben
BGS und Landpolizei begonnen, gegen Taxifahrer mit Kontrollen und Ermittlungsverfahren schärfer vorzugehen. Allerdings wurden bisher nur in Einzelfällen Anlage erhoben.
Schließlich ist darauf zu verweisen, daß seit 1993 in den östlichen Grenzflüssen Oder und Neiße mehr als 60 Personen bei dem Versuch ertranken, nach Deutschland zu gelangen.