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Durchwandert von Nervenkitzel

Von Sabine Ertl

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Die Zeiten eines stocksteifen, etwas arrogant wirkenden Roman Rafreider, wie man ihn noch an der Seite von Birgit Fenderl in der ZiB 3 erlebte, sind lange vorbei. Als "Thema"- Moderator (Montagabend in ORF 2) hat er sich zu einem angenehmen und kompetenten Nachfolger von Barbara van Melle gemausert. Trotz dieser Vermenschlichung arbeitet die Sendung mit zeitgemäßer Sensationslüsternheit.

Meist erzählen die "Thema"-Beiträge von tragischen Schicksalen, durchwandert von Nervenkitzel, und wollen den Zuschauer glauben lassen, dass - wie ernst die Lage auch ist - alles gut wird. Zwar ist nichts gegen diese Lebenseinstellung einzuwenden, doch wirkt das kostbare Gut Hoffnung, kameragerecht optimiert und mit subtilen Kommentaren versehen, befremdlich. So gesehen im Beitrag über das Martyrium einer jungen Frau, die über lange Zeit von einem Mann misshandelt wurde und jetzt vergeblich auf einen fairen Prozess wartet. In "Thema" wollte sie ihr Schweigen brechen und ihre Geschichte öffentlich machen. Ein mutiger Bericht, der aber ohne insistierende Fragerei, in einer schlichteren Machart, genauso gezeigt hätte, dass Terror im Alltag und in der Welt eines der zentralen Themen unserer Zeit sind.

Authentischer war der Bericht einer in Madrid lebenden Österreicherin, die die Bombenanschläge von vergangener Woche "hautnah" miterlebte. Lange werde es dauern, bis die Menschen und die Stadt wieder so sind, wie man sie kennt, lebendig, meinte sie. In diesem Sinne ist den frommen Wünschen von Herrn Rafreider, der stets sein Publikum mit einem "Kommen Sie gut durch die Woche" verabschiedet, nichts hinzuzufügen.