Zum Hauptinhalt springen

Dürftige Vorstellung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die ÖVP ist zur Machterhalts-Partei verkommen. Wofür sie steht und wie sie sich die Zukunft dieser Gesellschaft vorstellt, liegt im Nebel. Ihr Obmann Spindelegger ist zudem - wenigstens - schlecht beraten. Gegen den Missbrauch von Kindern aufzutreten ist gut, aber auch selbstverständlich. Aber deswegen die Volkspartei zur Schutzheiligen von Kindern auszurufen, ist lächerlich. Oder gibt es irgendjemand in Österreichs Polit- und Parteienlandschaft, der Kindesmissbrauch gutheißt?

Die Volkspartei versucht es nun mit Populismus, und einige ihrer Parteistrategen überlegen sogar, die Partei auf einen europakritischen Kurs zu führen.

Harakiri mit Anlauf wird so etwas genannt. Die Volkspartei ist eben nicht die Freiheitliche Partei oder das BZÖ. Eine auf Opposition abonnierte FPÖ kann sagen, was sie will. Sie donnert gegen Zuwanderung, gegen EU, gegen Steuern, wahlweise gegen Islam oder Judentum - und überhaupt alles, was nach Regierung ausschaut.

Sie kann das tun, weil sie zwar in Umfragen gut liegt, aber sie im Ernstfall die Mehrheit nicht in der Regierung haben will. Sonst müsste Strache in der "Kanzlerfrage" deutlich besser liegen.

Wenn nun ein paar FPÖ-affine VP-Funktionäre die Partei in dieses Fahrwasser stoßen, geben sie ihr in Wahrheit den Rest. Die FPÖ liegt auch deswegen so gut in den Umfragen, weil die ÖVP verabsäumt, ihr Selbstverständnis als konservative Partei mit Inhalten zu füllen.

Eine Volkspartei, die nicht für eine politische Union Europas eintritt? Ist im Moment Faktum, aber eigentlich undenkbar. Zu den unstrittigen Leistungen dieser Partei zählte es, die Sozialdemokratie in den 90er Jahren umzustimmen und für den EU-Beitritt zu begeistern. Wo wäre Österreich heute, wenn es dem Beispiel der Schweiz gefolgt wäre? Sicher nicht das viertreichste Land der EU.

Ein Blick nach Deutschland möge der Volkspartei Gewissheit verschaffen. Die CDU als Partei schlägt sich trotz Gegenwind veritabel, in Berlin konnte sie sogar zulegen. Die deutlich engstirnigere CSU in Bayern sackt von Wahl zu Wahl ab.

Die Volkspartei kommt derzeit miefig wie die CSU daher. In Österreich kommt ihr nur noch zugute, dass die Grünen zu patschert sind, um ihr auch noch am Land das Wasser abzugraben. Noch hat sie Zeit, um sich bis 2013 neu aufzustellen, aber viel nicht mehr.