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Wifo sieht schwierige Rahmenbedingungen für Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt und empfiehlt möglichst frühe Qualifizierung.
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Wien. Wenn irgendwo der Begriff Integration fällt, ist die "große Herausforderung" meist nicht weit. Und allgemein gilt: Je schwieriger eine Aufgabe ist, desto weniger Fehler sollten passieren. Vergangene Erfahrungen bieten da einen reichen Schatz an Dos und Don’ts der Integration, und für Österreich muss man wohl ergänzen: vor allem der Don’ts.
Ein Beispiel dafür gibt Peter Huber, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo): "Man sieht, dass es Flüchtlinge, die im Alter zwischen 15 und 19 kommen, sehr schwer haben. Sie haben sehr schlechte Bildungserfolge." In Österreich endet die Schulpflicht mit 15 Jahren. Es ist zwar möglich, einen Schulabschluss später nachzuholen, die Realität zwingt aber Flüchtlinge, und eben auch Teenager, Geld zu verdienen. Es ist ein Grund, weshalb beispielsweise eine ganze Generation tschetschenischer Flüchtlinge nicht einmal einen Pflichtschulabschluss nachweisen kann.
Fehler wie dieser sollten sich nicht mehr wiederholen. Denn, wie oben erwähnt, sind die Herausforderungen nicht kleiner geworden. Im Gegenteil. Und die gesellschaftliche Integration geht dabei Hand in Hand mit der Integration in den Arbeitsmarkt, sie bedingen einander geradezu.
Das Wifo hat sich in einer aktuellen Arbeit der Arbeitsmarktintegration anerkannter Flüchtlinge gewidmet, wobei die Entwicklungen seit dem Sommer noch nicht berücksichtigt wurden. Die meisten Flüchtlinge stecken noch in ihren Asylverfahren und dürfen daher nicht arbeiten.
Die Studie des Wifo ist nicht gerade ermutigend. Im Beobachtungszeitraum 2005 und 2014 waren Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt gegenüber anderen Zuwanderern benachteiligt. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse wurden bei ihnen auch Qualifikationen selten anerkannt, für das letzte Auswertungsjahr 2014 traf das auf fast 74 Prozent zu.
Das allein wäre noch kein so gravierendes Problem, wenn es ausreichend Jobs im Segment der Niedrigqualifizierten gäbe. Das ist jedoch nicht der Fall. In seiner mittelfristigen Beschäftigungsprognose bis 2020 erwartet das Wifo einen jährlichen Rückgang von Jobs, bei denen Pflichtschule genügt, von 0,3 Prozent, während in allen anderen Segmenten die Beschäftigung zunimmt. Die Zahl der akademischen Jobs hat jene der Hilfsarbeiten bereits deutlich überholt. "Die Hilfsjobs im produzierenden Sektor gehen massiv zurück, im Dienstleistungsbereich werden neue geschaffen. Der Rückgang wird aber nicht komplett kompensiert", erklärt Huber.
Mehr als die Hälfte inHilfsjobs ist überqualifiziert
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt durch die Migration aus anderen EU-Staaten verändert hat, vor allem im Vergleich zur Fluchtbewegung durch den Jugoslawienkrieg in den frühen 90er Jahren. Mehr als die Hälfte der Arbeitskräfte bei Hilfsjobs können mittlerweile eine Ausbildung über Pflichtschulniveau vorweisen. Gleichzeitig hat es sich durch das größere Arbeitskräfteangebot mehr oder weniger aufgehört, den Kollektivvertrag zu überzahlen. Das führt dazu, dass ein wesentliches Argument für neuankommende Zuwanderer mehr oder weniger wegfällt: weniger Gehalt für dieselbe Arbeit. Dies ist nur im informellen Bereich möglich - oder wenn Arbeitgeber Kollektivvertragsverletzungen riskieren.
Inmitten dieser schwierigen Rahmenbedingungen gibt es im Bericht des Wifo aber auch positive Signale. Im Jahr 2014 lag das Ausbildungsniveau der Flüchtlinge deutlich über jenem davor: Fast die Hälfte verfügte über eine mittlere Qualifikation, also eine abgeschlossene Lehre oder Matura, rund ein Viertel hatte sogar einen Studienabschluss.
Während Tschetschenien durch zwei lange Kriege so zerstört war, dass viele der geflüchteten Teenager gar keine Schulbildung aufwiesen, war Syrien bis zum Ausbruch des Krieges (und teilweise auch danach) ein in dieser Hinsicht gut funktionierendes Land. Darauf deuten auch die Auswertungen des AMS-Kompetenzchecks aus dem Vorjahr hin.
Auch die zunehmende Verjüngung der Fluchtbewegung stellt eine Chance dar. "Viele stecken noch in der Erstausbildungsphase des Lebens", sagt Huber. Umso wichtiger ist jedoch, dass die Phase der Ausbildung in Österreich fortgesetzt werden kann, und zwar so früh wie möglich, also noch während des Asylverfahrens.
Die Regierung hat dafür eine Reihe an Maßnahmen beschlossen, teilweise laufen diese aber erst an. Seit 1. April gibt es die Möglichkeit, ein "Integrationsjahr" zu absolvieren, das dem freiwilligen Jahr in einer sozialen Einrichtung entspricht. Es gibt die Möglichkeit einer Lehre für Asylwerber bis 25 Jahre in Mangelberufen und zudem sollen Deutschkurse schon während des Asylverfahrens angeboten werden. Was es bisher nur fragmentarisch gibt: Zugang zu Schulbildung für junge Asylwerber nach Ende der Schulpflicht. Es wäre ein entscheidender Punkt.