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Düstere, unsichere Aussichten für die Weltwirtschaft

Wirtschaft
Nichts tut sich derzeit am Hamburger Containerhafen.
© reuters/Fabian Bimmer

Das Coronavirus fügt der Weltwirtschaft immensen Schaden zu. Wie stark dieser sein wird, lässt sich aber schwer sagen.


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Die Rezession wird kommen, das ist gewiss. Und sie wird das so sehr vom Coronavirus getroffene Italien schwer treffen. Vor kurzem sprachen Vertreter des Finanzministeriums hinter vorgehaltener Hand recht optimistisch von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um drei Prozent. Nach Verlängerung der Ausgangssperre bis Ostermontag ist diese Prognose Makulatur. Der Unternehmerverband Confindustria rechnet mittlerweile mit einem Minus in doppelter Höhe. Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri widerspricht nicht: "Leider sind die Schätzungen realistisch", sagte er am Mittwoch gegenüber der Zeitung "Il Fatto Quotidiano".

Die Produktionsausfälle in Italien kosteten bei einer Teilschließung von zwei Monaten zwischen 143 und 234 Milliarden Euro, schätzt das Ifo-Institut. Bei drei Monaten erreichten die Kosten bis zu 342 Milliarden Euro.

Das Institut ließ vor kurzem mit einem düsteren Ausblick zu Deutschland aufhorchen. Um bis zu ein Fünftel könnte Europas größte Volkswirtschaft in diesem Jahr schrumpfen, falls die Wirtschaft drei Monate teilweise stillsteht. Selbst im günstigsten Fall sorgen die Produktionsausfälle, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit für ein Minus von 7,2 Prozent. Damit beurteilen die Ökonomen des traditionell marktliberalen Ifo die Lage deutlich pessimistischer als die drei "Wirtschaftsweisen".

Die Berater der Bundesregierung in Berlin warnen vor "Horrorszenarien". Sie skizzieren drei Varianten, die davon abhängen, wie lange und wie restriktiv die Einschränkungen im Alltag sind und wie schnell Deutschland den Weg aus der Krise findet. Im günstigsten Fall käme Deutschland mit einem BIP-Minus von 2,8 Prozent davon. Das wäre ein nur halb so starker Einbruch wie 2009 infolge der Finanzkrise. In den beiden anderen Szenarien wird mit einer Schrumpfung um 4,5 beziehungsweise 5,4 Prozent gerechnet - womit annähernd der Stand von 2009 erreicht wäre.

Doch wie die Politiker bei ihren Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus betreten die Ökonomen mit ihren Prognosen Neuland. Ihre Modelle sind nicht auf eine vorübergehende Schließung ganzer Wirtschaftszweige in Friedenszeiten ausgelegt. Und da wir uns in einer einzigartigen Situation befinden, fehlt auch historisches Datenmaterial.

IWF spricht bereits von"schwerer Rezession"

Deshalb ist auch auf einer globalen Ebene schwer einzuschätzen, wie sehr die Corona-Krise die Wirtschaft nach unten ziehen wird. In China nehmen zwar immer mehr Fabriken ihre Arbeit wieder auf, doch könnte das Hochfahren an seine Grenzen stoßen, wenn die internationalen Absatzmärkte fehlen.

Auch sonst sprechen die derzeit vorhandenen Daten eine deutliche Sprache. In Südkorea und Japan, zwei weiteren Schwergewichten in der Region, haben die Fabriken ihre Produktion in einer Geschwindigkeit zurückgefahren, wie es seit der Finanzkrise vor gut einem Jahrzehnt nicht mehr der Fall war. Auch in den USA sinkt die Kauflaune und die wöchentlichen Anträge auf Arbeitslosenhilfe stiegen vorige Woche auf knapp 3,3 Millionen. Ein neuer Rekordwert, der noch weiter ansteigen wird.

Laut dem Internationalen Währungsfonds erwartet die Weltwirtschaft eine "schwere Rezession. Die OECD errechnete, dass jeder Monat mit Ausgangsbeschränkungen das jährliche Wirtschaftswachstum um zwei Prozentpunkte drücken würde.

Die wirtschaftlichen Prognosen können in eine Wechselwirkung mit den Gesundheitsmaßnahmen treten. Je düsterer die Aussichten sind, desto mehr Bedenken dürften sich gegen rigorose Ausgangssperren formieren.

Eine derartige Debatte ist in Spanien bereits im Gang. In dem vom Coronavirus schwer betroffenen Land dürfen seit Montag nur noch Unternehmen weiterarbeiten, die für die Versorgung des Landes lebenswichtig sind. Der Unternehmerverband CEOE warnte vor den enormen Auswirkungen auf die Wirtschaft und selbst Wirtschaftsministerin Nadia Calvino hatte sich gegen die Maßnahmen gesträubt, weil sie Gift für die Ökonomie seien.

Umgekehrt gilt diese Wechselwirkung aber auch: US-Präsident Donald Trump wollte zunächst unbedingt die Wirtschaft am Laufen halten und verharmloste das Virus. Erst als die Zahl der Erkrankten rasant stieg und bis zu 200.000 Tote prognostiziert wurden, wechselte er seinen Kurs. "Priorität haben Leben und Sicherheit, dann die Wirtschaft", sagte er nun.(da/klh)