)
Während Rohani durch Europa reist, um an alte Wirtschaftsbeziehungen zu knüpfen, droht im Iran dutzenden Jugendlichen die Todesstrafe.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Berlin. Schwere Vorwürfe gegen die Führung in Iran: Laut Amnesty International droht dort Dutzenden Menschen, die bei ihrer Verurteilung noch keine 18 Jahre alt waren, die Hinrichtung. Dem 110 Seiten umfassenden Bericht der Menschenrechtsorganisation handelt es sich um mindestens 160 Menschen in den Todeszellen. Einige von ihnen seien schon seit mehr als zehn Jahren eingesperrt. Die Lage sei "alarmierend"
Der Bericht wirft auch einen Blick auf die jüngste Vergangenheit: So wurden zwischen 2005 und 2015 im Iran mindestens 73 jugendliche Straftäter getötet, im Vorjahr waren es vier.
Wie Amnesty weiter berichtet, würden die meisten Jugendlichen wegen Drogenschmuggels zum Tode verurteilt, es habe jedoch auch Verurteilungen wegen Vergewaltigungen, Drogendelikten und Gefährdung der nationalen Sicherheit gegeben.
Iran ist eins der Länder mit den meisten Hinrichtungen. 2013 gab es in dem Land erste Reformen im Strafrecht für Jugendliche. "Doch Iran hinkt weltweit immer noch hinterher. Es hält an Gesetzen fest, wonach schon neunjährige Mädchen und 15-jährige Jungen zum Tode verurteilt werden können," heißt es in dem Bericht weiter. Oft seien die jungen Menschen auf Grundlage teils durch Folter erzwungener Geständnisse verurteilt worden. Mehrfach seien schon Hinrichtungen angesetzt und erst im letzten Moment aufgeschoben worden, was "grausam, unmenschlich und entwürdigend" sei, beklagt der Amnesty-Vizedirektor für den Mittleren Osten, Said Boumedouha. Durch die Urteile würden den Menschen ihre kostbarsten Jahre geraubt.
Teheran verstoße damit gegen die UNO-Kinderschutzkonvention, die Todesurteile gegen zur Tatzeit Minderjährige verbiete und die das Land schon vor zwei Jahrzehnten unterzeichnet habe. Trotz einer Jugendstrafrechtsreform "liegt der Iran hinter der Welt zurück", so Boumedouha.
Amnesty forderte die Staatengemeinschaft auf, die Rückkehr des Iran auf die internationale diplomatische Bühne zu nutzen: Die Staats- und Regierungschefs müssten Teheran auf die Missstände hinweisen und dazu drängen, alle Todesurteile gegen Minderjährige in geringere Strafen umzuwandeln.
Wirtschaftssanktionen aufgehoben
Der Amnesty-Bericht erscheint zu einem besonderen Zeitpunkt: Vor einer Woche wurde die Umsetzung des im Juli geschlossenen
Atomabkommens verkündet, woraufhin die meisten internationalen
Strafmaßnahmen aufgehoben wurden.
Nach der Aufhebung der wichtigsten Wirtschaftssanktionen will Präsident Hassan Rohani die Handelsbeziehungen nun zu eineigen europäischen Ländern wiederbeleben. Am Montag brach der Staatschef zu einem dreitägigen Besuch nach Rom und Paris auf. Der Iran müsse die Chance ergreifen, um das Wachstum der heimischen Wirtschaft anzukurbeln und Jobs für junge Arbeitnehmer zu schaffen,sagte Rohani vor seinem Abflug in Teheran laut einem Bericht des Staatsfernsehens. Er hoffe auf die Unterzeichnung "wichtiger Verträge" unter anderem mit den französischen Autobauern Peugeot und Renault sowie Investitionen italienischer und französischer Unternehmen im Iran, sagte der Präsident. Er wird von einer großen Wirtschaftsdelegation und mehreren Mitgliedern seines Kabinetts begleitet.
In Rom traf Rohani am Montag seinen italienischen Kollegen Sergio Mattarella und Regierungschef Matteo Renzi. Auch eine Audienz bei Papst Franziskus war geplant. In Paris wird Ruhani mit Präsident Francois Hollande zusammenkommen. Dort will der iranische Präsident am Mittwoch zudem Verträge zum Kauf von 114 Airbus-Flugzeugen unterzeichnen.
Die iranische Wirtschaft war durch die im Zuge des Atomstreits verhängten Finanz- und Handelssanktionen in eine schwere Krise geraten. Italien und Frankreich zählten vor der Verschärfung der Sanktionen Anfang 2012 zu den wichtigsten Handelspartnern des Iran. Beide Länder schickten nach dem Abschluss des Atomabkommens bereits große Wirtschaftsdelegationen nach Teheran, um sich für den Moment der Aufhebung der Sanktionen in Stellung zu bringen. Auch Deutschland und andere Staaten wie Südkorea, China und Japan hoffen nach dem Wegfall der Handelsbeschränkungen auf lukrative Aufträge.
Amnesty-Bericht: Growing Up on Death Row: The Death Penalty and Juvenile Offenders in Iran
Siehe dazu auch: Menschenrechtslage im Iran unter Rohani verschlechtert sich