Hunderttausende Fotos müssen eingetrieben werden. Neos schlagen wegen Bürokratie Alarm.
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Wien. Mit dem Beschluss im Nationalrat am Mittwoch, geben ÖVP und FPÖ grünes Licht für die Einführung der E-Cards mit Foto ab 2020. Vielen Österreichern und selbst vielen Abgeordneten der beiden Koalitionsparteien dürfte aber gar nicht bewusst sein, was sie damit auslösen. Das betrifft vor allem die E-Card für Ausländer in Österreich. Bei fast 1,3 Millionen Ausländern, so die Berechnungen der Sozialversicherung, müssen die Landespolizeidirektionen dafür sorgen, dass von diesen ein Foto herbeigeschafft wird. Vor allem auch Tourismusbetrieben in Westösterreich wird erst im kommenden Jahr klar werden, dass sie deswegen ausländischen Arbeitskräften einen bezahlten Tag frei geben müssen, damit diese wegen eines Fotos die jeweilige Landespolizeidirektion aufsuchen können.
Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker fragt sich bereits: "Bitte, wie wickeln die das Entgegennehmen von mehreren hunderttausend Fotos ab?" Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" wundert sich der Neos-Parlamentarier darüber, wie wenig dieser bürokratische Mehraufwand von der Regierung beim Ausarbeiten der gesetzlichen Regelung für die E-Card mit Fotos berücksichtigt wurde.
Für den Großteil der Fotos auf E-Cards für Sozialversicherte kann laut dem Gesetz auf schon vorhandene Bilder in Datenbänken zurückgegriffen werden. Aber bei bis zu 1,8 Millionen Personen in Österreich rechnet der Hauptverband der Sozialversicherungen damit, dass kein Foto vorhanden ist. Die Angaben über die Kosten hat die Regierung von vorneherein nur mit rund der Hälfte, nämlich mit 900.000 Betroffenen, bei denen ein Foto fehlen wird, viel niedriger angesetzt. Damit sollten offensichtlich die erwarteten Kosten möglichst gering angesetzt werden, um Kritikern gegen die Umsetzung der E-Card mit Foto nicht zusätzlich in die Hände zu spielen.
Bei rund 457.000 Österreichern wird die Sozialversicherung das Foto für die E-Card außertourlich beschaffen müssen. Sie müssen ein Foto auf das jeweilige Gemeindeamt bringen. Es muss sich dabei nicht um ein EU-passtaugliches Bild handeln, sondern die Person muss erkennbar sein. Wesentlich komplizierter ist die Vorgangsweise bei den Ausländern, bei denen das Innenministerium im Wege der Landespolizeidirektionen für das Foto für die E-Card verantwortlich sein wird. Details sollen in einer Verordnung der Sozialministerin in Abstimmung mit dem Innenministerium festgelegt werden. Das wird für eine zusätzliche Belastung der Landespolizeidirektionen sorgen.
Tourismusbetriebe müssen für Fotoabgabe frei geben
Von Koalitionsseite war daher im Vorfeld des Beschlusses schon zu hören, dass per Verordnung der Sozialministerin auch für Ausländer die Fotos bei den Gemeindeämtern abgegeben werden sollen. Für Loacker ist das aus zwei Gründen nicht möglich. Die Landespolizeidirektionen sind für diese Aufgabe vorgesehen, weil auch die Identität der betroffenen Ausländer und die Echtheit der Ausweise geprüft werden müssten. "Ich kann nicht von jedem Bürgermeister verlangen, dass er die Echtheit von nigerianischen oder kosovarischen Ausweisen überprüft", meint der Neos-Mandatar. Außerdem sei es verfassungsrechtlich gar nicht möglich, dass mit einer Verordnung eine gesetzliche Regelung - das Beibringen der Fotos bei den Landespolizeidirektionen - ausgehebelt werde.
Für Unternehmen, vor allem auch für Hotel- und Gastronomiebetriebe mit ausländischen Saisonarbeitskräften, wird es 2020 wegen der Umstellung auf E-Cards mit einem Foto so manche Überraschung geben. Damit betroffene Ausländer, von denen kein Foto in den Datenbänken existiert, bei der Landespolizeidirektion vorsprechen können, müssen diesen an einem Arbeitstag bezahlt frei gegeben werden. "Da werden die Tourismusbetriebe ihre Freude haben", prophezeit Loacker. Außerdem führe die große Fluktuation gerade bei Arbeitskräften im Tourismus dazu, dass die Umstellung nach einem Jahr für Ausländer keineswegs abgeschlossen sein wird, sondern dass es jedes Jahr mehr als 10.000 neue Fälle geben werde, die bei einer Landespolizeidirektion vorstellig werden müssen. Aber auch auf Ärzte kommt eine neue bürokratische Belastung zu, weil diese einen Ersatzbeleg ausstellen müssen, wenn jemand keine E-Card mit Foto vorweisen kann. Das dürfte betroffenen Ärzten erst ab 2020 bewusst werden. Für den Neos-Sozialsprecher steht fest, dass diese Zusatzbelastung für die heimischen Behörden verhindert oder zumindest deutlich reduziert werden könnte: "Das hätte man anders lösen können." Die einfachste Lösung für Österreicher wäre gewesen, sich das Foto auf der E-Card zu sparen. Beim Einstecken der herkömmlichen E-Card beim niedergelassenen Arzt oder im Spital in das Lesegerät könnte auf elektronischem Weg auf ein schon in einer Datenbank vorhandenes Foto zugegriffen werden. Damit erspare man sich, das Foto auf die Karte zu geben, und damit Kosten.
Die Umstellung auf E-Cards mit einem Foto wird insgesamt auf 32,5 Millionen Euro beziffert. Die FPÖ und Sozialminister Hartinger-Klein sehen in der E-Card mit Foto ein Mittel, um Missbrauch in erster Linie durch Ausländer zu verhindern. Kritiker wenden ein, dass die Millionenkosten in keiner Relation zu den Kosten durch Missbräuche stehe.