Klimaschutzziele der EU bis 2020 "unrealistisch". | Langenlois. Walter Boltz redet nicht um den heißen Brei herum: "Österreich wird die Klimaschutzziele bis 2020 nicht erreichen - die EU im Übrigen auch nicht". Der Chef der E-Control, die den Strom- und Gasmarkt in Österreich reguliert, warnt vor überzogenen Erwartungen in die erneuerbaren Energien - und unrealistischen Vorgaben der EU, die Österreich sehr teuer kommen könnten.
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Die Europäische Kommission hat das Ziel ausgerufen, bis 2020 den Anteil der "renewables" am EU-Energiebedarf auf 20 Prozent zu steigern. Österreich, das derzeit schon 21 Prozent erreicht - mehr als dreimal soviel wie der heutige Durchschnitt der EU - und beim Strom dank Wasserkraft mit einem erneuerbaren Anteil von derzeit 60 Prozent zu Europas Spitzenreitern gehört, soll nach ersten Szenarienrechnungen der Kommission beim Gesamtenergiebedarf auf 34 Prozent Anteil der Erneuerbaren kommen, bei Elektrizität auf 77 Prozent.
"Völlig unrealistisch - und eigentlich sogar eine EU-vertragswidrige, unfaire Belastung", sagt E-ControlÖko-Strom-Experte Christian Schönbauer. Er rechnet vor: "Selbst bei einem gleich bleibenden Energieverbrauch und unter eher überzogen günstigen Annahmen können wir maximal auf zusätzlich sechs bis sieben Prozentpunkte kommen" - also einen Anteil erneuerbarer Energie am gesamten Bedarf von 27 bis 28 Prozent, beim Strom maximal 65 Prozent.
Die "überzogen günstigen Annahmen" dabei: Der Biomasse-Einsatz müsste verdreifacht und dafür - neben einem Holzeinschlag von 3 Millionen Festmeter pro Jahr - ein gutes Fünftel der heimischen Agrarnutzfläche herangezogen werden; an die 1000 zusätzliche Windräder müssten Strom liefern - auch an nicht mehr ganz optimalen Standorten wie etwa dem niederösterreichischen Weinviertel. Und schließlich: An die 750 Megawatt Leistung müssten zusätzlich aus Wasserkraft kommen - das wären zahlreiche kleinere und "wohl doch auch ein etwas größeres Donaukraftwerk".
"Man muss auch über Wasserkraft reden"
"Wenn über erneuerbare Energien geredet wird, dann wird man wohl auch über die Wasserkraft reden müssen", meint man bei der E-Control angesichts der Vorarbeiten für eine neuerliche Novelle des Ökostromgesetzes und der beginnenden Expertengespräche zu den so genannten "Burden Sharing"-Verhandlungen zur Erreichung der EU-Energie- und CO 2 -Ziele.
Nach Ansicht des Regulators, der im Übrigen von weiter steigendem Energiebedarf überzeugt ist - "fünf Prozent mehr Wirtschaftsleistung sind nicht darstellbar mit drei Prozent weniger Energie" - müsste die Politik hauptsächlich bei der Energieeffizienz und der Dämpfung des Verbrauchswachstums ansetzen. Im aktuellen politischen Prozess seien aber die "Lobbyisten einflussreicher als die Zahler", bedauert Boltz.
Die Stromkonsumenten müssten die Förderungen für Wind und Biomasse mit ihrer Elektrizitätsrechnung mitzahlen - gut 35 Euro sind es pro Jahr im Schnitt pro Haushalt, mehr als 4 Mrd. Euro insgesamt bis 2022. "Das Energiesparen selbst hat aber leider bisher keine Lobby".