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Russland steigt bei EADS ein. | EADS will kooperieren. | Putin versöhnlich. | Paris/Compiègne. Um Europas größten Luft- und Raumfahrtkonzern EADS (European Aeronautic Defence and Space Company), der aus der Fusion der deutschen DASA (Daimler-Chrysler Aerospace), der französischen Aérospatiale-Matra und der spanischen CASA (Construcciones Aeronáuticas S.A.) im Jahr 2000 hervorging, ist ein heftiger Streit entbrannt.
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Anlass war der russische Kapital-Einstieg durch die Staatsbank "Wneschtorgbank" und damit verbundene Gerüchte, über die Konzernleitung die europäische Verteidigungspolitik mit zu beeinflussen. Russlands Präsident Wladimir Putin, Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wollten letztes Wochenende bei einem Treffen in Compiègne die weitere Vorgehensweise im Fall EADS festlegen.
Ein Waffenstillstand um das europäische Rüstungs-Flaggschiff konnte dort allerdings noch nicht erzielt werden.
Vor kurzem hatte besagte staatsnahe russische Handelsbank 5,02 Prozent der EADS-Aktien um rund 781 Mio. Euro gekauft. Sehr günstig, wie es in Branchenkreisen heißt - der Konzern hatte in den letzten Monaten eine Reihe von Lieferverzögerungen zu verantworten, unter anderem wegen Schwierigkeiten bei der Verkabelung im Kabinenraum. Singapore Airlines droht sogar mit Vertragsstrafen, sollten die für Dezember angesetzten Lieferungen nicht eingehalten werden. Die Schwierigkeiten haben den Kurs der EADS-Aktie gedrückt und das Unternehmen für die russischen Investoren billiger gemacht.
Für EADS kein Problem
Die Börse reagierte euphorisch - die Titel legten kräftig zu, was auf die Aktienkäufe und den Expansionskurs in Russland zurückzuführen ist, wo die EADS-Tochter Airbus mit dem Hauptkonkurrenten Boeing um ein Angebot der russischen Fluggesellschaft Aeroflot ringt. Dass EADS sich im Gegenzug bei russischer Beteiligung einen erleichterten Markteinstieg erwarte, will Pressesprecher Michael Hauger gegenüber der "Wiener Zeitung" nicht stehen lassen: "Wir sind an einer Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Fertigung interessiert, aber die russischen Absichten beschränken sich auf ein reines Finanzinvestment", sagte er und verweist auf die offizielle Erklärung, die die beiden EADS-Kapitäne Manfred Bischoff und Arnaud Lagardère verlauten ließen. Darin wird mitgeteilt, dass die Satzungen der Corporate Governance eine kolportierte Änderung der Eigentümerstrukturen "im Grunde genommen" nicht vorsehen. Darüber hinaus wollte sich Hauger auf eine politische Bewertung nicht einlassen.
Airbus gegen Boeing
Inzwischen spielen die Russen Katz und Maus. Je 22 Flugzeuge nimmt Aeroflot sowohl von Boeing als auch von EADS ab und lässt die beiden Konkurrenten darben. Boeing möchte sein Modell 787, die EADS-Tochter Airbus den A350 exklusiv verkaufen. Dass Putin pokern würde, will der russische Staatschef so nicht stehen lassen. Er spricht von rein wirtschaftlichen Interessen. Anlass für die Reaktion waren die kürzlich geäußerten Sorgen, Russland beabsichtige bei so geostrategisch heiklen Gütern wie militärischem Kampfgerät mittels der geforderten Sperrminorität und einer Änderung der Konzernsatzung politischen und militärischen Einfluss zu gewinnen.
Unterdessen schlägt Putin wieder sanftere Töne an: Russland werde seine Beteiligung nur mit Zustimmung von Deutschland und Frankreich erhöhen.