US-Rüstungsmarkt bleibt abgeschottet. | Scharfe Kritik der EU-Kommission | Paris. Der Airbus-Konzern EADS ist beim "Jahrhundertgeschäft" mit der US-Luftwaffe für 179 Tankflugzeuge im Wert von 35 Milliarden Dollar (25,6 Mrd. Euro) aus dem Rennen. Der US-Partner Northrop Grumman zog das gemeinsame Angebot am Montag zurück.
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Das Aus bahnte sich schon am Mittwoch, dem 9. Juli 2009 an. US-Verteidigungsminister Robert Gates befand in Washington: "Wir werden bei der Industrie überarbeitete Vorschläge anfordern." Das Vergabeverfahren habe Mängel gezeigt und könne daher nicht beibehalten werden.
Das Pentagon hatte den Mega-Auftrag über 35 Milliarden Dollar (25,6 Mrd. Euro) im März 2008 nicht wie erwartet an den US-Hersteller Boeing vergeben, sondern an EADS und dessen US-Partner Northrop Grumman. Daraufhin legte Boeing Beschwerde ein. Auch der US-Rechnungshof hatte eine eine Neuausschreibung verlangt. Begründung: Es seien bei der Auftragsvergabe an EADS und Northrop Grumman Fehler unterlaufen, ohne die Boeing möglicherweise den Zuschlag erhalten hätte. EADS zeigte sich dennoch überzeugt, dass ihr Tankflugzeug das bessere sei.
Fliegende Tankstelle
Das künftige Tankflugzeug KC-45A der US-Luftwaffe sollte auf der militärischen Version des Airbus-Passagierflugzeugs A330 basieren. Der Airbus-Tanker mit der Bezeichnung A330 MRTT ist auch schon von den australischen Luftstreitkräften, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Auftrag gegeben worden. Auch Großbritannien hatte dieses Tankflugzeug ausgewählt. Die fliegende Tankstelle soll Militärjets weltweit rund um die Uhr mit Treibstoff versorgen und auch für Krankentransporte und Fracht genutzt werden können.
Bei der US-Air-Force müssen die alten Stratotanker KC-135 ersetzt werden, die Anfang der 50er Jahre eingeführt wurden. Der Zuschlag ging zuerst an Airbus/Northrop, die damit den US-Konkurrenten Boeing ausstachen, "weil die Tanker größer sind, mehr Treibstoff, mehr Fracht und mehr Passagiere aufnehmen können". So begründete Air-Force-General Duncan McNabb die damalige Entscheidung. Die Airbus-Tankflugzeuge sollten in einem neuen Werk in Mobile (US-Staat Alabama) endmontiert werden.
Scharfe Kritik
Nach dem Rückzug von EADS aus dem Rennen um einen Großauftrag für die US-Luftwaffe muss die amerikanische Regierung scharfe Kritik ihrer europäischen Partner einstecken. Die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung warfen den USA am Dienstag vor, bei der Ausschreibung des 35 Milliarden Dollar schweren Projektes den heimischen Boeing-Konzern zu bevorzugen und den europäischen Rivalen zu behindern. "Es ist höchst bedauerlich, dass ein großer potenzieller Lieferant sich nicht in der Lage sieht, für einen solchen Auftrag mitzubieten", sagte EU-Handelskommissar Karel de Gucht am Dienstag in Brüssel.
Deutschland sieht "deutliche wirtschaftliche und finanzielle Vorteile" in dem Ausschreibungsverfahren für Boeing. "Auch bei der Beschaffung von Rüstungsgütern sollte der freie Wettbewerb nicht einseitig eingeschränkt werden", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). "Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise schaden schon Anzeichen von Protektionismus."
Die deutsche Bundesregierung forderte die US-Regierung auf, ihr Ausschreibungsverfahren zu überdenken. "Ich würde mich freuen, wenn es zu diesem Schritt käme", sagte ihr Luftfahrtkoordinator Peter Hintze der Nachrichtenagentur Reuters. "Die US-Regierung sollte das überdenken." EADS und sein Partner US-Partner Northrop Grumman wollten mit ihrem Rückzug aus dem Bieterverfahren offenbar das Signal setzen, dass sie sich nicht fair behandelt fühlen. "Ich sehe eine winzige Restchance, dass die US-Administration dieses Signal erkennt und sich das Verfahren noch einmal anschaut", sagte Hintze. (APA, Reuters)