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"Vorzugsstimmen verunsichern Leute." | ÖVP als Motor der Landesregierung. | Keine Koalition, alle Parteien müssen zusammenarbeiten. | "Wiener Zeitung": Was sind Ihre Erwartungen für die Wahl? | Franz Steindl: Ich erwarte mir, dass wir die absolute Mehrheit der SPÖ brechen, denn die hat dem Land geschadet. Es wird darübergefahren, nicht mehr diskutiert, einseitig entschieden. Das wollen die Burgenländer nicht.
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Womit wollen Sie punkten?
Ein Thema ist: Arbeitsplätze schaffen durch Unterstützung der Klein- und Mittelbetriebe. Ich will für die Gemeinden pro Jahr ein 5-Millionen-Paket. Dies würde zu Aufträgen für die Unternehmen in der Region führen, damit bliebe die Wertschöpfung in der Region und es könnten Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden. Weiters will ich der Jugend eine Chance geben und mit 3 Millionen Euro 500 Startjobs schaffen, indem wir für ein Jahr dem Dienstgeber die Lohnkosten bezahlen.
Das 5-Millionen-Paket für die Gemeinden hat die SPÖ schon einmal abgelehnt, woraufhin Sie das Budget nicht mitgetragen haben. Das brachte Ihnen die Kritik ein, in der Landesregierung Oppositionspolitik zu betreiben.
98 Prozent der Regierungsbeschlüsse sind einstimmig, 60 Prozent der Regierungsvorlagen kommen von der ÖVP - hier von Opposition zu sprechen, ist sehr dreist. Die ÖVP war hier immer der Ideengeber und Motor. Wenn allerdings aufgrund der roten Absoluten unsere Ideen nicht mehr diskutiert werden, kann man von uns nicht erwarten, dass wir einem Budget zustimmen, in dem wir uns nicht wiederfinden, in dem dafür die Sozialkosten explodieren.
Die SPÖ hat im Alleingang ein Vorzugsstimmensystem beschlossen, bei dem die Vorzugsstimme vor der Parteistimme kommt. Wie wird sich das auswirken?
Die Leute sind total verunsichert. Niemand kennt sich mit dem System aus. Niessl hat das von Niederösterreich abgekupfert, weil er meint, er sei der burgenländische Erwin Pröll. Aber da gibt es einen Unterschied: Pröll vereint das Land und versucht, alle mit einzubinden, Niessl spaltet das Land. Das werden die Burgenländer nicht honorieren.
Eigentlich herrscht Konsens darüber, den Proporz abzuschaffen. Nur die ÖVP legt sich quer und fordert ein "Gesamtpaket". Was ist darunter zu verstehen?
Die Anträge zur Verfassungsänderung wurden 2005 gleich nach der Wahl von allen Parteien eingebracht. Vier Jahre ist nichts passiert und gab es keine Parteienverhandlungen. Kurz vor der Landtagswahl wird der Faule fleißig - ein durchsichtiges Manöver. Dafür ist die ÖVP nicht zu haben. Wir wollen ein Gesamtpaket, also auch die Direktwahl des Landeshauptmanns oder die Zweitwohnsitzregelung diskutieren. Es kann ja nicht sein, dass die SPÖ übervorteilt ist, weil es in manchen Gemeinden eine 120- oder 130-prozentige Wahlbeteiligung gibt.
In der Causa Eberau waren Sie von Anfang an gegen das Erstaufnahmezentrum. Trotzdem blieb die Causa an der ÖVP haften. Hat Ihnen da die Innenministerin ein halbes Jahr vor der Wahl ein Bein gestellt?
Eberau ist kein Thema mehr. Ich war deshalb dagegen, weil ich diese Art des Darüberfahrens von der SPÖ kenne und von meiner Innenministerin nicht toleriere. Ich habe dann mit Josef Pröll und Maria Fekter gesprochen und erreicht, dass die Volksbefragung von Eberau als bindend anerkannt wird.
Aber waren Sie nicht enttäuscht von Fekter? Von der Bundespolitik erwartet man sich eigentlich mehr Rücksicht auf die Landesgruppen.
Ich war nicht nur politisch, sondern auch menschlich enttäuscht. Diese Art der Politik liegt mir fern und hat in der ÖVP nichts verloren. Selbstverständlich hat Fekter da einen Schaden angerichtet. Aber Eberau ist überwunden.
Wie stehen Sie zum Assistenzeinsatz? Im März waren Sie noch für eine Beibehaltung, jetzt werfen Sie der SPÖ Populismus vor.
Wir haben ausgemacht, dass der Assistenzeinsatz bis Ende 2010 verlängert wird, dazu stehe ich, weil es darum geht, dem subjektiven Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Wir brauchen aber keinen Automatismus, sondern Antworten auf die organisierte Kriminalität. Da genügt der Assistenzeinsatz nicht. Das wäre reiner Populismus. Wir müssen die Polizei mehr und besser mit modernster Infrastruktur ausstatten und uns mit unseren Nachbarn besser vernetzen. Organisierte Kriminalität ist nicht auf einen Ort beschränkt, sondern eine Flächenkriminalität.
Als Gemeindereferent gerieten Sie wegen der aufgrund des Baus eines Pflegeheims völlig verschuldeten Gemeinde Strem unter Druck. Die Rede war von Amtsmissbrauch. Hat Ihnen das geschadet?
Nein. Das war eine Kampagne, die von der SPÖ ganz gezielt gestartet wurde und wie ein Kartenhaus in sich zusammengebrochen ist. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt, weil nichts dran ist. In ihrer Begründung schreibt sie sogar, es wäre ein schwerer Fehler gewesen, den letzten Kredit nicht zu geben, weil sonst das Seniorenzentrum als Ruine stehen geblieben wäre. Jetzt ist das Pflegeheim voll, die Gemeinde kann sich sanieren, es sprudeln die Einnahmen. 2009 gab es sogar einen Überschuss.
Sollte die SPÖ ihre Absolute verlieren, bräuchte es eine Koalition. Was wäre Ihnen lieber: Rot-Schwarz oder Schwarz-Blau?
In Zeiten wie diesen ist eine breiteste Zusammenarbeit wichtig. Es ist sogar möglich, dass auch die Freiheitlichen in die Regierung kommen. Da erwarte ich mir, dass alle für dieses Land zusammenarbeiten. Keiner hat dieses Land für sich gepachtet, schon gar nicht die SPÖ. So sollte man auch in Demut dienen. Das ist meine Vorstellung von Politik.
Franz Steindl (50) ist seit zehn Jahren Obmann der burgenländischen ÖVP und Landeshauptmann-Stellvertreter. Nach Funktionen in der Landespartei saß er von 1994 bis 2000 im Nationalrat. Der studierte Volkswirt und Hobby-Jazztrompeter ist verheiratet und hat zwei Kinder.
"98 Prozent der Regierungsbeschlüsse sind einstimmig - hier von Opposition zu sprechen, ist sehr dreist."
"Niessl meint, er sei der burgenländische Pröll."
"Mit Eberau hat
Fekter einen Schaden angerichtet."