Zum Hauptinhalt springen

Ebola-Infizierte gesucht

Von Eva Stanzl

Wissen
Erste Freiwillige bei Impfstoff-Tests im Redemption Hospital in Monrovia.
© spa/Ahmed Jallanzo

Startschuss für Impfstoff-Tests, doch die Zahl der Erkrankten sinkt. Finden sich genügend Probanden?


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. In Liberia sind erstmals klinische Tests mit zwei Impfstoffen gegen die Viruserkrankung Ebola angelaufen. Im Laufe der kommenden zwölf Monate wollen die Forscher 27.000 gesunde Männer und Frauen ab dem Alter von 18 Jahren impfen, um zu überprüfen, ob die Substanzen die erwünschte schützende Wirkung haben. Bisher gab es weder Medikamente noch Impfungen gegen das Virus, das mit Durchfall, Übelkeit und Erbrechen beginnt und zu multiplem Organversagen führen kann. Möglicherweise kommt nun aber der Start von Medikamenten- und Impfstofftests zu spät, zumal der Höhepunkt der bisher schwersten Ebola-Massenepidemie überstanden zu sein scheint.

An dem hämorrhagischen Fieber sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im vergangenen Jahr 21.724 Menschen erkrankt, von denen 8641 starben. Am schlimmsten betroffen sind die westafrikanischen Staaten Liberia, Sierra Leone und Guinea. Vergangene Woche sank die Zahl der Neuerkrankungen allerdings erstmals auf unter 100, sodass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vermeldete, eine "Trendwende" geschafft zu haben, der Kampf gegen Ebola mache Fortschritte.

Diese an sich fantastische Nachricht könnte insofern problematische Folgen haben, als dass Pharmafirmen geplante Medikamententests wieder abblasen könnten. So gab der Pharmahersteller Chimerix bekannt, sein Virostatikum Brincidofovir nun doch nicht an Freiwilligen in Guinea testen zu wollen, weil man zu wenig Probanden habe finden können. Daher wolle das Unternehmen es bei der derzeitigen Zulassung als Wirkstoff gegen Virusinfektionen bei Transplantation belassen.

"Sowohl die Tests von Medikamenten als auch von Impfstoffen gegen Ebola gestalten sich zunehmend schwieriger", sagt Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, dessen Team mit mobilen Labors vor Ort ist, zur "Wiener Zeitung". Zwar würden Impfstoffe derzeit nur an gesunden Menschen gestestet. Jedoch seien klinische Studien "bei weniger Fällen, die nicht an einem Ort konzentriert, sondern über drei Länder verteilt sind, allgemein komplizierter. Besser wäre es gewesen, man hätte schon im Vorjahr zu testen begonnen, weil damals das Virus auf fruchtbareren Boden fiel", stellt er klar.

Bei den nun angelaufenen Impfstoff-Tests unter der Aufsicht des US-Institute of Allergy and Infectious Disease (NIAID) werden zwei Substanzen in einer Doppel-Blind-Studie auf ihre Wirksamkeit am Menschen überprüft. Der Impfstoff ChAd3 der britischen Firma Glaxo Smith Kline geht auf einen Adenovirus zurück, der bei Schimpansen Rachen- und Magen-Darm-Infektionen hervorruft. Die von der kanadischen Gesundheitsbehörde entwickelte und vom US-Labor Merck produzierte Impfung VSV-ZEBOV basiert auf einem Kuh-Virus, in dessen Genom ein Gen aus dem Ebolavirus eingefügt wurde.

Eine Frage des Profits

Nach Vorabtests halten die Forscher beide Impfstoffe für sicher. Allerdings ist noch unklar, ab welcher Dosierung sie vor dem gefährlichen Erreger schützen. "Angesichts des Rückgangs bei der Zahl der Neuerkrankungen in Liberia müssen wir bei der Durchführung der Tests und dem Studiendesign besonders flexibel sein und Veränderungen im Verlauf der Epidemie berücksichtigen," betont das NIAID in einer über Fachmedien publik gemachten Aussendung.

Schon zu Beginn der derzeitigen Ebola-Pandemie waren mögliche Impfstoffe bekannt. Sie wurden jedoch mangels Zahl an Betroffenen und zu erwartenden Gewinnen von Pharmafirmen nicht klinisch gestestet. Es bleibt zu hoffen, dass die Studien dieses Mal durchgezogen werden. "Es wäre schade, wenn wir aus dieser Epidemie nicht wenigstens ein paar Erkenntnisse mitnehmen könnten", sagt Schmidt-Chanasit. Außerdem sei es nicht auszuschließen, dass die Zahl der Neuinfektionen wieder ansteigt. "Ich nehme zwar nicht an, dass es wieder zu so einem Massenausbruch kommt, weil heute doch die Bettenkapazitäten viel größer sind. Aber wir müssen auf jeden Fall bestmöglich gerüstet sein."