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Flüchtlingsstrom hat Einfluss auf das Budget in mehreren Ressorts. In der Bildung | und im Justizbereich bleibt die finanzielle Lage sehr angespannt.
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Wien. Asyl, Bildung, Arbeitslosigkeit und Bankenhilfe - das sind die größten Brocken, die Finanzminister Hans Jörg Schelling mit dem Budgetentwurf für 2016 stemmen muss. Gleichzeitig soll aber das schon 2015 erreichte strukturelle Nulldefizit nicht infrage gestellt werden. Ein Überblick über die wichtigsten Vorhaben und Budgetposten.
Flüchtlinge
Unverhofft kommt oft. Dass in Syrien und im Irak der Krieg wütet, ist zwar auch im Finanzministerium seit langem bekannt. Die nach wie vor anhaltende Welle von Flüchtlingen, von denen viele auch in Österreich um Asyl ansuchen, war aber in der aktuellen Dimension wohl schwer einschätzbar. Im vergangenen Jahr haben hierzulande rund 28.000 Menschen einen Antrag auf Asyl gestellt. Heuer waren es schon in den ersten drei Monaten doppelt so viele, für 2015 rechnet man im Innenministerium mit einer Verdreifachung der Anträge im Vergleich zum Vorjahr. "Weder Horrorzahlen noch Kleinreden helfen uns weiter", sagte Schelling in seiner Budgetrede, "ich muss anhand von Zahlen und Fakten agieren und kann mich nicht von Stimmungen und Spekulationen leiten lassen."
Als ersten Schritt veranschlagt Schelling 420 Millionen Euro für die Grundversorgung der Flüchtlinge, die dem Innenministerium unterliegt. 75 Millionen Euro werden für den "Integrationstopf" der Regierung zur Verfügung gestellt (Minister Sebastian Kurz) und 70 Millionen werden aus dem Arbeitsmarktbudget aktiviert. Zusammengerechnet also 565 Millionen Euro für Erstmaßnahmen. Schelling betonte in seiner Rede, dass Österreich für seine Solidarität in der Flüchtlingskrise von der EU nicht bestraft werden dürfe. Er rechnet beim Budgetposten Asyl mit der baldigen Einführung einer europaweiten Quotenregelung, deren Realisierung aber auf sich warten lässt.
Er wäre außerdem der erste Finanzminister der Eurozone, der die Anrechnung der höheren Kosten für das Asylwesen bei der EU-Kommission thematisiert habe: "Kein Aufweichen des Euro-Stabilitätspakts". Insgesamt meldete Schelling 0,31 Prozent des BIP als potenziellen Kostenrahmen an die EU, rund eine Milliarde Euro. Zu den 565 Millionen Erstmaßnahmen erlaubt der Finanzminister Ländern und Gemeinden, um 0,1 Prozent vom österreichischen Stabilitätspakt abzuweichen, sie dürfen sich also zur Finanzierung ihrer Aufgaben bei der Asylbetreuung um 345 Millionen Euro verschulden. Den Rest der einen Milliarde des Budgetpostens Asyl will Schelling als Vorsorge aufheben.
Bildung
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) konnte am Mittwoch aufatmen. Ihr Ressort muss im laufenden Budgetjahr doch keine 340 Millionen Euro einsparen. Finanzminister Schelling gewährte ihrem Ressort stattdessen eine "nachträgliche Anpassung" zur Deckung der finanziellen Lücke im Bildungsbudget.
Die Lücke kam laut Heinisch-Hosek unter anderem durch "zu niedrigen Ausgleich der Gehaltserhöhungen in den vergangenen Jahren" sowie durch einen "Überzug der Länder" bei den Lehrerposten zustande. Mit den zusätzlichen Geldern sei die Lücke nun "abgedeckt".
Im kommenden Jahr stehen dem Bildungsressort gesamt 8,1 Milliarden Euro zur Verfügung, 106 Millionen mehr als 2015. Mit der Erhöhung sei aber laut Heinisch-Hosek nur ein Teil der zusätzlichen Mittel gesichert. Damit müsse vor allem die mit der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) vereinbarte Mietstundung für Schulgebäude finanziert werden. Offen ist aus Sicht des Ministeriums 90 Millionen Euro für Mieten für Bundesschulen (AHS, BMHS) von vor zwei Jahren, die man erst 2016 begleichen muss.
Für die wieder aufklaffende Budgetlücke 2016 müssen somit wieder Einsparungen gefunden werden. Schelling hofft auf Effekte durch die vier 17. November angekündigte Bildungsreform. Kommen die Einsparungen nicht zustande, steht 2016 abermals eine nachträgliche Anpassung der Ressortgelder im Raum.
Ein Schwerpunkt bleibt weiterhin der Ausbau der schulische Tagesbetreuung und der Neuen Mittelschule (NMS). Für zusätzliche Plätze in ganztägigen Schulformen stehen 2016 wieder wie im Regierungsprogramm vorgesehen 160 Millionen Euro bereit. Laut Budgetbericht bekommen auch die Unis mehr Geld. Für die Periode 2016 bis 2018 stehen ihnen mehr als neun Milliarden Euro zur Verfügung, 615 Millionen Euro mehr als in der Periode davor. Etwas mehr als drei Milliarden entfallen auf das Budget des nächsten Jahres.
Auch die Fachhochschulen bekommen gegenüber dem Voranschlag für dieses Jahr ein Plus von 16,7 Millionen Euro. Die Aufwendungen dafür betragen im kommenden Jahr 281,6 Millionen Euro. Damit sollen die vom Bund geförderten Studienplätze ausgebaut und die Fördersätze erhöht werden.
Arbeitsmarkt
Die Arbeitslosigkeit ist neben den Kosten für die Heta und die Flüchtlingskrise die größter Herausforderung für das Zahlenwerk Schellings. Die Arbeitslosenquote beträgt derzeit 8,3 Prozent. Im September waren also 391.417 Menschen ohne Job. Und es wird nicht besser. Das Institut für Höhere Studien und das Wirtschaftsforschungsinstitut rechnen mit einem Anstieg auf 9,3 beziehungsweise 9,8 Prozent. Deshalb sollen 2016 zusätzliche 944 Millionen Euro ins Sozialsystem fließen. "Der Schwerpunkt liegt bei der Arbeitslosigkeit", erklärte Schelling. Für die Integration älterer Arbeitnehmer nimmt der Bund 250 statt wie bisher 150 Millionen Euro in die Hand. Das ist auch jene Gruppe, die stärker von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen ist. Derweilen streiten die Sozialpartner noch über das von der SPÖ geforderte Bonus/Malus-System, wonach Betriebe einen Bonus bekommen, wenn sie Ältere beschäftigen und einen Malus, wenn sie es nicht tun.
Die Mittel für den Arbeitsmarkt sind im kommenden Jahr insgesamt mit 2,6 Milliarden budgetiert. Damit sollen Maßnahmen wie die Altersteilzeit, mehr Flexibilität der Arbeitssuchenden und Fort-, Aus- und Weiterbildungen finanziert werden. Und die Bildung ist gerade die größte Baustelle auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Fast die Hälfte aller Arbeitssuchenden verfügen höchstens über einen Pflichtschulabschluss. Während die Firmen noch immer nach gut ausgebildeten Fachkräften lechzen.
Pensionen
Reformbedarf ortete Schelling abermals im Pensionssystem. "Wenn unser Pensionssystem ein Auto wäre, hätten wir mit dem Pickerl in ein paar Jahren erhebliche Probleme." Die Verweildauer im Ruhestand steige jährlich, während die Versicherungszeiten weniger würden, sprich: Immer mehr Menschen befinden sich immer länger im Ruhestand: "Das kann sich rechnerisch nicht ausgehen." Eingriffe in bestehende Pensionen plant der Finanzminister aber nicht.
Schelling bezeichnete das Pensionssystem aber als einen der größten "Kostentreiber". So bleibt weiterhin unklar, ob das zur Steigerung der Altersbeschäftigung geplante Bonus/Malus-System nun umgesetzt wird oder nicht. Gerade bei den Pensionen enthält das Budget aber auch gute Nachrichten: Denn die ASVG- und die Beamtenpensionen kosten 2016 um insgesamt 500 Millionen Euro weniger als noch im Frühjahr erwartet. Ein Grund dafür ist offenbar die mit 1,2 Prozent etwas geringer ausgefallene Pensionsanpassung.
"Aus der Budgetrede von Schelling geht hervor, dass der Vollzug bei den Pensionen besser gelaufen ist als gedacht", sagt Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh vom Institut "Eco Austria" zur "Wiener Zeitung". Die absehbaren Obergrenzen würden nicht überboten werden. "Unpopuläre Maßnahmen wie die Erhöhung des Pensionsantrittsalters oder Kürzungen werden deshalb von der Regierung wohl auf die nächste Legislaturperiode verschoben werden", so Schuh.
Sicherheit
Das Innenressort darf sich über zusätzliches Budget freuen, fast 500 Millionen Euro gibt es 2016 drauf. Der Großteil ist den Mehrausgaben für Flüchtlinge geschuldet, allerdings hat die Regierung im Jänner auch ein Paket beschlossen, das dem Innenressort bis 2018 rund 290 Millionen Euro zusätzlich bringen wird. Kommendes Jahr fließen 72 Millionen Euro davon. Unter anderem werden auch Hubschrauber angeschafft, um der Terrorgefahr zu begegnen. Für Terrorprävention dürfte allerdings nicht mehr viel übrig bleiben. Das Justizressort ist eines der wenigen Ministerien, das Kürzungen hinnehmen muss.
Maßnahmen zur Deradikalisierung in den Haftanstalten - einer der Attentäter in Paris wurde im Gefängnis zum Dschihadisten - wird es mit einem Minus von vier Millionen Euro gegenüber 2015 (insgesamt 1,3 Milliarden Euro) nicht geben. Auch die geplanten Reformen beim Maßnahmenvollzug wackeln nun. "Da wird kein großer Reformschritt drinnen sein", sagt der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser.
Zukunft
Unter dem Schlagwort Standortsicherung sind in den kommenden Jahren einige Investitionen geplant, das heimische Wachstum und die Investitionen ankurbeln sollen. Denn beides sieht derzeit düster aus. Die vom Finanzministerium prognostizierte Konjunktur von 1,4 Prozent sehen Experten zu hoch dotiert. Die Bruttoinvestitionen sind im Vorjahr laut IHS um 1,4 Prozent gesunken und sinken heuer weiter.
Die Forschungsquote wird ab 2016 von zehn auf 12 Prozent erhöht, was 80 zusätzliche Millionen kostet. Damit sollte die Forschungsquote auf drei Prozent des BIP steigen. Bis 2019 sollen zudem der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und die Akademie der Wissenschaften 100 zusätzliche Millionen Euro für Grundlagenforschung bekommen.
Als Hoffnungsträger für den Standort wird auch der Breitbandausbau hochgehalten. Im kommenden Jahr sollen erstmals 300 Millionen Euro für den Ausbau der superschnellen Internetverbindung fließen. Bis 2019 soll es insgesamt eine Milliarde sein, die aus der Frequenzersteigerung 2013 an die Telekomanbieter stammt. Die Telekoms selbst investieren eine weitere Milliarde. Davon verspricht sich das Infrastrukturministerium 85.000 neue Jobs. Prognosen sind hier allerdings besonders schwierig.