Ein Linzer, der seinerzeit als "Komplize" von Tibor Foco verurteilt, später aber rechtskräftig freigesprochen wurde, erhält bei seiner Forderung nach Haftentschädigung Unterstützung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der die Republik Österreich laut einem jetzt veröffentlichten Bescheid wegen der überlanger Verfahrensdauer verurteilt hat.
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Der damals 42-jährige Linzer war 1987 wegen Mordes an einer Prostituierten - angeblich gemeinsam mit Tibor Foco - zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Jahr saß er in U-Haft, weitere fünf Jahre als Strafgefangener hinter Gittern. Im Zuge eines Wiederaufnahmeverfahrens wurde er im Jahr 1996 freigesprochen. In weiterer Folge entschied das Oberlandesgericht Linz im November 1996, dass dem Linzer eine Haftentschädigung zustehe. Und zwar nicht nur für die Jahre der Strafhaft, sondern auch für die Untersuchungshaft.
Bekommen hat er bis heute nichts, das Verfahren über die Höhe der Entschädigung ist noch nicht abgeschlossen. Der Fall liegt derzeit beim Oberlandesgericht Wien. Der Betroffene selbst ist verbittert: "Ich bin heute 60 Jahre alt, habe meine besten Mannesjahre unschuldig im Gefängnis verbringen müssen, anschließend habe ich keine Arbeit mehr bekommen, ich muss heute von der Notstandshilfe leben und bei der Pension fehlen mir die Jahre auch."
Der Linzer wandte sich durch seinen Anwalt Roland Gabl an den EGMR in Strassburg, der die Republik wegen überlanger Verfahrensdauer zu einer Zahlung von 6.600 Euro an den 60-Jährigen verurteilte.
Im Jahr 1986 begann mit dem "Fall Foco" eine bis heute nicht abgeschlossene Justizgeschichte. Für den Mord an einer Linzer Prostituierten lautete das Urteil 1987 "lebenslang", 1997 wurde es jedoch aufgehoben. Für Foco gilt seither die Unschuldsvermutung. Später erhob die Staatsanwaltschaft Linz neuerlich Anklage. Focos Verteidiger legte Einspruch ein, der abgelehnt wurde. Verhandelt werden kann nicht, da Foco seit 1995 untergetaucht ist. Im vergangenen Jahr sprach der EGMR insgesamt 16 Urteile gegen Österreich (fünf davon in Strafsachen) aus. Heuer hatte er bereits drei Fällen mit Österreichbezug zu entscheiden.
EGMR-Entscheidungen sind im Internet unter http://www.echr.coe.int/Eng/Pending.htm abrufbar