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Ehe: Ein "Packerl" mit Symbolwert

Von Katharina Schmidt

Politik

Erleichterungen im Familienrecht. | Justizministerium: "Es ist nicht mehr viel übrig geblieben." | AK: "Konservative Regierung". | Wien. Es war eine harte Auseinandersetzung, aber in der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause hat Justizministerin Karin Gastinger ihr Familienpaket doch noch durch den Ministerrat gebracht. Allerdings mit Abschlägen: Weder ist eine Definition von Lebensgemeinschaften darin verankert, noch konnte sie die Stärkung von Patchworkfamilien durchsetzen. Was ist dann von den ehrgeizigen Plänen übrig geblieben?


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"Nicht mehr viel," meint Ulrike Steinkogler aus Gastingers Kabinett. Eine "wirkliche Erleichterung" ist für sie die Regelung, was die Ehewohnung betrifft: Denn mit dem neuen Recht können Paare vor der Heirat einen Ehepakt abschließen, der das Eigentum im Fall einer Scheidung jenem Partner zuschreibt, der es mit in die Ehe gebracht hat. Bisher konnte sich das Scheidungsgericht über einen Ehepakt hinwegsetzen. Auch bei der neuen Regelung gibt es aber Ausnahmen: In besonderen Härtefällen, wie etwa Arbeitslosigkeit, kann das Mietrecht an jenen Partner vergeben werden, dem die Wohnung nicht gehört - allerdings auf ein Jahr befristet. Ebenfalls ein Fortschritt sei die Änderung der Zivilprozessordnung. Diese wird so ausgeweitet, dass auch Lebensgefährten ein Entschlagungsrecht haben, also vor Gericht die Aussage verweigern können, wenn sie damit Stiefkind oder Partner belasten würden.

Schwierige Reformen

Problematisch ist für Steinkogler, dass Lebengefährten eine schriftliche Vollmacht des leiblichen Elternteils benötigen, wenn sie etwa im Spital Auskunft über ihr Stiefkind erhalten wollen.

Auch die Pflegefreistellung für nicht-leibliche Eltern hat Gastinger nicht durchsetzen können - aus der Sicht der Arbeiterkammer (AK) ein Manko. Selbst dann, wenn geheiratet wurde, können die Ehegatten nicht zu Hause bleiben, um die Kinder ihres Partners zu pflegen. Wenn sie es doch tun, dann "kann das bis zur fristlosen Entlassung führen", sagt AK-Jurist Christoph Klein. Im Beamtenrecht habe man die Änderung bereits vorgenommen: Dort ist für Ehepartner eine Pflegefreistellung für die kranken Stiefkinder möglich. Das Abrücken von Gastingers ursprünglichen Plänen führt Klein auf das "stockkonservative Familienbild der Regierung" zurück.

"Dass man wieder einmal an der Definition der Lebensgemeinschaften gescheitert ist, schmerzt", meint auch Brigitte Birnbaum, Familienrechtsexpertin und Vizepräsidentin der Wiener Rechtsanwaltskammer. Das Familienpaket sei zwar "nur mehr ein kleines Packerl", man könne aber darauf bauen. Die Möglichkeit, einen Ehepakt abzuschließen, ist für Birnbaum eine gute Entwicklung, sie selbst wäre aber "viel mutiger hingegangen", denn "mündigen Paaren ist es zuzutrauen, ihre Beziehung selbst zu regeln". Birnbaum begrüßt das "Entmisten von Rechtsfiguren, die wirklich überholt sind" - etwa wurde der Rechtsanspruch der Frau auf eine "Morgengabe" am Tag nach der Hochzeit aus dem Gesetz gestrichen.

Reformen des Familienrechts sind laut Birnbaum generell schwierig, da gerade das Thema Familie stark an Ideologie und Tradition gebunden sei. Gastinger wollte ja die geschlechtsneutrale Definition der Lebensgemeinschaft rechtlich verankern - doch "das Thema Homosexualität ist noch viel heikler", erklärt Birnbaum. Hier müsse behutsam reformiert werden.

Ehe für Homosexuelle?

Für Gerhard Benn-Ibler, Präsident der Österreichischen Rechtsanwaltskammer, muss die Öffnung von Lebensgemeinschaften "vorsichtig" und unter dem "Primat der Ehe" geschehen. "Ehe und Familie sind als notwendiger Kern der sozialen Struktur in Österreich geschützt, man soll nicht die Basis unseres Staates mit einer Ehe light (andere Registrierung von Partnerschaften, Anm.) auflösen", sagt Benn-Ibler.

Auch für die Grüne Familiensprecherin Sabine Mandak hat "Gastinger einen guten Startschuss gegeben". Die wichtigsten Punkte seien jedoch nicht mehr im Paket enthalten. Gerade die Frage nach den Rechten und Pflichten des Lebensgefährten, was Stiefkinder betrifft, seien nicht alltagstauglich. Zudem "kommt Österreich nicht umhin, eine Lösung für homosexuelle Partnerschaften zu finden", sagt Mandak. In anderen europäischen Ländern gibt es Modelle etwa eines Zivilpaktes (siehe Kasten).

Für SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl war "der Gastinger-Entwurf zumindest näher an der Realität, als die ÖVP es zulässt".

Die SPÖ hat bereits einen Dreistufen-Plan für ein "modernes Eherecht" vorgestellt. Zunächst soll "möglichst rasch" eine eheähnliche Partnerschaft für homosexuelle Paare eingeführt werden. Zweitens will die SPÖ unehelichen Lebensgemeinschaften mehr Rechte einräumen. Dazu gehören Reformen etwa im Wohn- und Erbrecht. Drittens soll eine finanzielle Unabhängigkeit für den schwächeren Ehe-Partner gewährleistet werden. Dieses Programm will die SPÖ "selbstverständlich in ein Regierungsübereinkommen hineinreklamieren". Für ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter ist klar, "in einer ÖVP-Regierung wird es keine Homosexuellen-Ehe geben".

Wann das Familienpaket nun durchgesetzt wird, hängt davon ab, ob es im Sommer einen Justizausschuss und eine Nationalratssondersitzung gibt.

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+++ Gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Europa