Wenig überraschendes Ergebnis der Vatikan-Umfrage.
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Wien. Als Vorbereitung auf eine große Sondersynode im kommenden Herbst hat Papst Franziskus an die Bischöfe einen Katalog mit Fragen zum Thema Familie ausgeschickt, mit der Bitte, das Kirchenvolk einzubeziehen. Die ersten Ergebnisse liegen nun vor.
Während die Bistümer Wien, St. Pölten und Salzburg die für Laien nur schwer verständlichen Originalfragen online stellten, gab es auch diverse überarbeitete Versionen. So haben die Diözesen Graz, Klagenfurt und Innsbruck den selben Online-Multiple-Choice-Test verwendet. Auf vereinfachte Fragen setzten auch Jungschar, Katholische Aktion und die Laieninitiative. Letztere hat nun gemeinsam mit "Wir sind Kirche" als Erste die Ergebnisse der Kirchenvolksumfrage veröffentlicht. Die Ergebnisse sind "weder neu noch überraschend", sagte Hans Peter Jurka von der Plattform "Wir sind Kirche" bei der Präsentation am Freitag, "sondern sie bestätigen, was wir der Kirchenleitung seit Jahrzehnten sagen".
Demnach findet das Kirchenvolk mehrheitlich, dass die Lehre der katholischen Kirche in Sachen Ehe, Familie und Sexualität weder verständlich (56 Prozent) noch hilfreich (73) oder umsetzbar (68) ist. Dass wiederverheiratete Geschiedene von den kirchlichen Sakramenten ausgeschlossen sind, lehnen 94 Prozent ab. Auch in Sachen Verhütung, konfessionsübergreifende Ehen oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften zeigen sich die Befragten gegenüber der herrschenden kirchlichen Lehre eher ablehnend. So finden 40 Prozent, die Kirche ignoriere Homosexuelle, ein Viertel empfindet den Umgang der Kirche mit Schwulen und Lesben als "lieblos" - "ein schlechtes Zeugnis für eine Glaubensgemeinschaft, die Liebe als oberstes Gebot hat", sagt Hurka. 88 Prozent finden die kirchliche Lehre zu Sexualität und Ehe "fehlgeleitet" und "unflexibel" und dass sie die Entscheidungsfreiheit der Betroffenen unzulässig beschränkt (87), insgesamt "weltfremd" und "realitätsfern" (88) ist und "von unverheirateten alten Männern stammt und der Rest der Welt Sexualität, Ehe und Familie ganz anders sieht" (85).
4000 Personen haben sich an der Umfrage von "Wir sind Kirche" und Laieninitiative beteiligt. Mehr als die Hälfte davon gibt an, sich kirchlich zu engagieren. Für Margit Hauft von der Laieninitiative der Beweis, dass "sich die Leute interessieren, wenn sie gefragt werden". Auch 103 Kleriker haben mitgemacht, wobei sich ihre Antworten kaum von jenen der Laien unterscheiden.
Der Bischofskonferenz wurden die Ergebnisse bereits übermittelt. Auch nach Rom sollen sie noch geschickt werden. Wie die Bischöfe damit umgehen werden, wird für Hauft zur "Nagelprobe ihres Amtsverständnisses": die Frage sei nämlich, ob die Bischöfe die Antworten in Rom nur abgeben oder auch vertreten.
Mehr als 40.000 Antworten
Schon am Donnerstag präsentierte die Katholische Aktion (KA, die Laienorganisation der Kirche) die Ergebnisse ihrer Umfrage. Diese fielen ganz ähnlich jener der Reforminitiativen aus. Auch dort spricht sich zum Beispiel eine überwiegende Mehrheit für die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene aus.
Bei der Umfrage der KA beteiligten sich sogar 7400 Personen. An jenen der Diözesen waren es laut Kathpress insgesamt mehr als 30.000. Alleine 26.000 entfielen auf die vereinfachte Grazer Online-Befragung. Die Ergebnisse sollen noch im Jänner präsentiert werden. Ende des Monats werden die Antworten von den Bischöfen im Vatikan übergeben.