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Ehepleite: Keine Chancen beim Finanzamt

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Exakt 19.562 Ehepaare haben sich im Vorjahr rechtlich voneinander verabschiedet. Tröstlich, dass sich wenigstens 90% davon einvernehmlich getrennt haben, ohne blutigen Rosenkrieg und (hoffentlich) ohne unschöne Langzeitfolgen.


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Während Scheidungswillige im Regelfall nicht ohne Rechtsanwalt antreten, vergessen viele, bei dieser Gelegenheit auch noch einen anderen Experten zu hören: den Steuerberater. Scheidungen haben nicht selten auch steuerliche Folgen.

Die häufigste Frage ist natürlich: Kann man die Kosten eines Scheidungsverfahrens steuerlich absetzen? Die häufigste Antwort dazu: fast nie. Wer einer einvernehmlichen Scheidung zustimmt, einen von vornherein aussichtslosen Scheidungsstreit beginnt oder gar aus eigenem Verschulden die Ehepleite auslöst, ist - so sagt die Finanz - selbst schuld, und dafür gibts keinen Steuerabsetzposten.

"Aufgezwungene" Scheidung

Dennoch sind aus der heimischen Rechtsprechung zwei Fälle bekannt geworden, aus denen Betroffene in einer vergleichbaren Situation Hoffnung schöpfen können. In einem Fall hatte die Ehefrau ihren Angetrauten arg misshandelt (ihm sogar die Zähne eingeschlagen), was bei dem solcherart Gedemütigten totalen Liebesverlust und den Weg zum Scheidungsanwalt auslöste. In einem anderen Fall führte die turbulente Scheidung einer etwas zerrütteten Ehe dazu, dass der Ex-Ehemann einen Langzeitkredit aufnehmen musste, um den total devastierten Haushalt wieder halbwegs zu sanieren.

In beiden Fällen fanden die Höchstrichter, dass die Kosten des Scheidungsverfahrens bzw. die nötigen Kreditrückzahlungen anerkennenswerte außergewöhnliche Belastungen darstellten, die auch von der Finanz anerkannt werden müssten: als Steuerabsetzposten.

Fazit: Bei einem schuldlos "aufgezwungenen" Scheidungsverfahren können die damit verbundenen unvermeidlichen Kosten (und Folgekosten) als außergewöhnliche Belastungen steuerabsetzbar sein. Das gilt sogar für etwaige Detektivhonorare, die zu dem Scheidungsentschluss angefallen sind.

Vereinsamter Alleinverdiener

Eine kleine Nebenfront der Scheidung tut sich beim Alleinverdiener-Absetzbetrag (AVAB) auf, der bekanntlich nur Verheirateten zusteht und der immer dann vakant wird, wenn die "Alleinverdiener-Ehe" während des Jahres nicht länger als sechs Monate dauert. Steuerberater empfehlen deshalb - wenn's nicht pressiert - sich erst im zweiten Halbjahr scheiden zu lassen, um dem alleinverdienenden Partner den 5.000 Schilling-Steuerbonus (und die übrigen steuerlichen Begünstigungen) wenigstens für das auslaufende Ehejahr noch zu erhalten. Wenn der scheidende "Nichtverdiener-Partner" allerdings in den Monaten nach der Scheidung mehr als 30.000 Schilling eigene Einkünfte bezieht, ist der AVAB ohnehin verloren.

Unterhalts-Absetzbetrag

Lassen sich Alimente, die der Ex an die Ex (oder umgekehrt) und/oder für die nunmehrigen Scheidungswaisen bezahlt, steuerlich absetzen? Auch hier muss der Steuerberater den Kopf schütteln. Alimente sind beim Empfänger nicht steuerpflichtig und beim Zahler nicht absetzbar. Soweit Alimente für Kinder bezahlt werden, kann der Unterhaltsverpflichtete aber den sogenannten Unterhalts-Absetzbetrag als Steuerminderung geltend machen. Dazu gibt es zwei Voraussetzungen: diese Kinder dürfen nicht beim Unterhaltszahler leben, und er darf für sie keine Familienbeihilfe beziehen.

Der Unterhalts-Absetzbetrag beläuft sich auf 350 Schilling monatlich, bei zwei Kindern auf 525 Schilling und für jedes weitere auf 700 Schilling. Diese Beträge sind (anders als die Familienbeihilfen) seit langem nicht valorisiert worden, weil - so kann man in den Gesetzesmaterialien nachlesen - familienpolitische Überlegungen dagegen sprechen. Das "Selbst-Schuld-Prinzip schimmert wieder durch.

In einem Sonderfall könnte der Unterhaltsverpflichtete dennoch neben den Unterhaltsabsetzbeträgen zusätzliche Zahlungen steuerlich unterbringen. Dann nämlich, wenn solche Zahlungen auch beim Empfänger (oder bei den Kindern) selbst außergewöhnliche Belastungen wären, wie zum Beispiel Krankheitskosten oder wie der 1.500 Schilling-Freibetrag, wenn der Ex für die weite Schulanreise seiner Kinder zusätzlich aufkommt.

Inzwischen kommt übrigens auch Unterstützung von unerwarteter Seite. In einem viel beachteten Urteil hat der Oberste Gerichtshof vor kurzem kundgetan, dass die Familienbeihilfen (die im Regelfall der Kindesmutter zufließen) die vom Unterhaltsverpflichteten zu zahlenden Alimente vermindern können, zumindestens teilweise. Das große Nachrechnen kann beginnen.