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Eher aussichtslose Abwehrschlacht

Von Walter Hämmerle

Analysen

Analyse: Die Regierung will für das Bankgeheimnis kämpfen. Ob dies gelingt?


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Wien. Von den pazifischen Steueroasen ist es nur scheinbar ein großer Schritt zum österreichischen Bankgeheimnis. Schließlich wollen dessen Kritiker allenfalls einen graduellen, nicht jedoch einen prinzipiellen Unterschied zwischen Offshore-Steuerparadiesen und dem namenslosen Bankgebaren im schönen Land zwischen Bodensee und Neusiedlersee erkennen.

Nimmt man die Erklärungen der offiziellen Politik als bare Münze, könnte man den Eindruck gewinnen, als bliebe ungeachtet des wachsenden internationalen Drucks beim Bankgeheimnis alles beim Alten. Erst am Freitag wieder beteuerten, von der Kanzlerpartei abwärts, sämtliche Parteien im Nationalrat, für dieses Austriakum kämpfen zu wollen. Diesem Schulterschluss verweigern sich nur die Grünen, die gemeinsam mit Organisationen wie Attac oder Transparency International die Abschaffung des Bankgeheimnisses betreiben.

Was sind die Beteuerungen der Politik wert?

Allerdings empfiehlt es sich, diesen politischen Treueschwur mit der gebotenen Vorsicht zu genießen. Schließlich kann ein Staat längst nicht mehr allein entscheiden, welchen Regeln er sich unterwirft. Für einen in Europa integrierten mittelgroßen Staat wie Österreich trifft dies umso mehr zu. Zudem befindet sich das Land wieder einmal in einem intensiven Wahljahr. Die Koalition könnte es sich politisch kaum leisten, jetzt das Ende des Bankgeheimnisses anzukündigen.

Tatsächlich ist die Phalanx jener, die sich den Sturz des Bankgeheimnisses zum Ziel gesetzt haben, lang und erschreckend einflussreich. Die Liste umfasst sowohl die USA wie auch EU und OECD; Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble, an sich durchaus ein Österreich wohlgesonnener Politiker, beschreibt emotionslos, wie er sich das vorstellt: Es gebe hier, so erklärte er am Freitag mit Blick auf Österreich und Luxemburg noch zwei Länder, "die für sich Sonderregelungen in Anspruch nehmen. Ich nehme an, das ändert sich jetzt auch durch solche Entwicklungen." Man arbeite jedenfalls "auf jeder Ebene mit allem Druck, um mehr durchzusetzen". Das klingt doch recht entschlossen.

An Mitstreitern kann Österreich nur auf das kleine Luxemburg zählen; außerhalb der Union blicken noch die Schweiz und Lichtenstein durch eine steuerpolitisch ähnliche Brille. Da kommen Zweifel auf, ob sich Wien auf Dauer einem EU-weiten automatischen Informationsaustausch über steuerliche Vorgänge und Zinseinkünfte verweigern kann. Finanzministerin Maria Fekter und ihr Staatssekretär Andreas Schieder behaupten tapfer das Gegenteil. "Unser Bankgeheimnis", so Fekter, "hat eine sehr lange Tradition. Die Menschen in Österreich haben ein Anrecht darauf, dass ihre Sparguthaben nicht nur in monetärer Hinsicht geschützt sind, sondern auch vor einem überbordenden Zugriff auf den Informationsaustausch." Und was die Schweiz und Liechtenstein angeht, so hat Österreich hier bilaterale Abkommen abgeschlossen.

Druck von Brüssel und Washington

Da in der EU in dieser Frage Einstimmigkeit herrschen muss, können Österreich und Luxemburg den automatischen Informationsausgleich blockieren. Noch. Denn derzeit verhandelt Wien mit Washington über ein Abkommen namens Facta (Foreign Account Tax Compliance Act), das Österreich dazu verpflichten würde, Kontoinformationen über US-Bürger in die USA weiterzuleiten.

Sollte dieses Abkommen tatsächlich unterzeichnet werden (derzeit spießt es sich noch am Datenschutz auf US-Seite), dann hat die EU-Kommission bereits eine Klage angekündigt. Denn Wien ist vertraglich verpflichtet, EU-Partner nicht schlechterzustellen als einen Drittstaat, in diesem Fall die mächtigen USA.

Vor diesem Hintergrund mehren sich die Stimmen, die die Widerstandskraft Österreichs realistischer einschätzen als wahlkämpfende Politiker. Erst jüngst hat IHS-Direktor Christian Keuschnigg in einem Gastbeitrag für diese Zeitung erklärt, dass das Land das Ende des Bankgeheimnisses wohl nur hinauszögern, nicht jedoch verhindern könne. Für den Steuerrechtsexperten Werner Doralt hat dieses Szenario sowieso längst den Schrecken verloren, sieht er im Bankgeheimnis doch nur ein "Bankenprivileg", das in der Bevölkerung keinen Rückhalt mehr habe.

Wissen: Bankgeheimnis

Will die Justiz Informationen dazu, wer wo in Österreich ein Konto besitzt, so muss bei den Bankenverbänden eine Anfrage gestellt werden - samt Begründung, warum es ein Verfahren gegen die Person gibt. Die Verbände verteilen die Information dann an die Banken. Die Bank ist daraufhin verantwortlich, zu nennen, ob die entsprechende Person ein Konto hat. Erst in einem zweiten Schritt werden die Kontodaten möglicherweise offengelegt.

Die OECD fordert erleichterten Zugang der Justiz zu Bankdaten in Österreich. Auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft kritisiert, dass Auskunftsersuchen durch die zahlreichen Berufungsmöglichkeiten der Finanzinstitute verzögert würden.

In Deutschland haben die Behörden die Möglichkeit, alleine aufgrund eines Verdachtes und ohne Begründung in ein Register einzusehen. Attac kritisiert an der heimischen Lösung, dass aufgrund der nötigen Anfragen Versteckmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet seien.

Der Bankenverband weist diese Vorwürfe zurück.