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Ehrliche Gerechtigkeit oder "politisches Strategiespiel"?

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Grüne fordern Rehabilitation der Hingerichteten vom Februar 1934. | ÖVP: "Aufhebung der Urteile geschah schon 1946." | Wien. Neun Mitglieder und Führer des republikanischen Schutzbundes wurden im Laufe des Bürgerkriegs im Februar 1934 standrechtlich zum Tode verurteilt und hingerichtet. Tausende sozialdemokratische Aufständische wurden zu Kerkerhaft verurteilt. Geht es nach den Grünen sollen diese Urteile nun aufgehoben werden.


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Insgesamt 21 Todesurteile wurden seinerzeit verhängt, neun davon wurden vollzogen, etwa gegen den steirischen Schutzbundführer Koloman Wallisch (dazu wurde das Standrecht durch Justizminister Kurt Schuschnigg extra verlängert) oder gegen Karl Münichreiter, der in Wien schwer verletzt auf einer Bahre zum Galgen gebracht wurde. Diese "Unrechtsurteile" gelte es, juristisch aufzuarbeiten und aufzuheben, forderte am Donnerstag der grüne Bildungssprecher Harald Walser. Für den studierten Historiker Walser sind die damaligen Hinrichtungen "klare Justizmorde".

"Es genügt nicht, Brücken und Straßen nach den Opfern zu benennen", meint der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Es brauche die Aufhebung der damaligen Urteile als Wiedergutmachung für die damaligen Opfer und ihre Nachkommen. Solange die Urteile nämlich nicht aufgehoben seien, zählten die Betroffenen als verurteilte Verbrecher, so Steinhauser.

ÖVP gegen Gesetze mit Symbolcharakter

Genau in diesem Punkt widerspricht ihm sein schwarzes Pendant. Für Heribert Donnerbauer, Justizsprecher der ÖVP, wurden die seinerzeitigen Urteile im Jahr 1946 gemeinsam mit jenen aus der NS-Zeit durch das sogenannte "Aufhebungs- und Einstellungsgesetz" von 1945 aufgehoben. Auch stelle sich die prinzipielle Frage, so Donnerbauer, ob man Gesetze mit reinem Symbolcharakter erlassen soll.

Für die Grünen wäre die Aufhebung aber gerade ein "wichtiger symbolischer Schritt". Deshalb haben sie schon im Februar, pünktlich zum 75. Jahrestag der Niederschlagung des Schutzbundaufstandes einen entsprechenden Antrag eingebracht, der allerdings erst am 7. Oktober im Justizausschuss behandelt wird.

Einen ähnlichen Antrag brachte 2004 schon SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ein. Dieser wurde damals mit schwarz-blauer Mehrheit niedergestimmt. Für die Grünen birgt der jetzige Vorstoß daher zwei Fragen, wie Steinhauser sagt: "Ist die ÖVP in der Lage, ihr Geschichtsbild zu überdenken? Und gibt es in der SPÖ so etwas wie politische Kronjuwelen, die nicht der Koalition geopfert werden?" Sprich: Ist die SPÖ bereit, einen ernsthaften - weil höchst ideologischen - Streit mit der ÖVP zu diesem Thema zu riskieren? Er sei "gespannt auf die Reaktion der SPÖ", so Steinhauser. "Schauen wir uns das politische Spiel an."

Genau für ein solches "politisches Strategiespiel" hat Donnerbauer nichts übrig. Einer inhaltlichen Diskussion werde sich die ÖVP aber selbstverständlich stellen, so der ÖVP-Justizsprecher zur "Wiener Zeitung". Er glaubt aber, dass sich die Argumente gegenüber 2004 nicht geändert haben.

Hannes Jarolim war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.