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Ehud Barak verspricht Bewegung im Friedensprozeß

Von Mosche Meisels

Politik

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Tel Aviv · Die neue israelische Regierung, die der künftige Ministerpräsident Ehud Barak Dienstag nachmittag dem Parlament zur Bestätigung vorstellte, ist eine Regierung, die eine baldige positive

Bewegung im Nahost-Friedensprozeß verspricht. In seiner Regierung finden sich viele Befürworter eines palästinensischen Staates, weiterer Rückzüge aus dem Westjordanland und eines Friedens mit Syrien

mit weitgehenden Gebiets-Verzichten auf den Golanhöhen und Räumung des Südlibanon.

Die einzigen Gegner solcher Schritte in der Koalition sind die Nationalreligiösen, die als Vertreter der israelischen Siedlerbewegung im Westjordanland gelten. Barak wollte keine Regierung bilden,

die ausschließlich aus "Tauben" im Nahost-Friedensprozeß besteht. Die Nationalreligiösen verfügen jedoch nur über fünf Parlamentsabgeordnete, die den Friedensprozeß in keiner Weise gefährden können.

Eine der letzten Ernennungen Baraks, die auf seiner Haltung zum Friedensprozeß hinweist, ist die Ernennung des als "Supertaube" geltenden früheren Gesundheitsministers und Vorsitzenden der

israelischen Gewerkschaften, Haim Ramon, zum Minister für die Angelegenheiten Jerusalems. Die Palästinenser haben während Netanyahus Regierung fortwährend gegen eine Judaisierung Ostjerusalems und

der Jerusalemer Altstadt protestiert. Es ist kaum anzunehmen, daß Ramon Versuche, neue jüdische Viertel in diesen Gebieten zu errichten, zulassen wird.

Barak hat Arafat bereits mitgeteilt, daß er nach Stabilisierung seiner neuen Regierung die Verhandlungen mit den Palästinensern erneuern wird. Er hat vor, eine Durchführung des Wye Plantation

Abkommens, die eine weitere Räumung von 7,1 Prozent des Westjordanlandes erfordert, mit einem Vorschlag zu umgehen, sofort mit beschleunigten Verhandlungen über eine permanente Regelung des Status

von Westjordanland, Gazastreifen und Ostjerusalem zu beginnen. Eine solche weitere Räumung würde bereits einige israelische Siedlungen im Westjordanland isolieren und erfordert große Ausgaben zur

Verlegung von Militärbasen und den Bau von Umgehungsstraßen.

Arafat besteht jedoch mit Unterstützung des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton und des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak auf einer sofortigen Durchführung des Wye Plantation Abkommens als

ersten Schritt in der erneuerten Friedenspolitik. Barak möchte noch vor seinem bevorstehenden Amerikabesuch am 18. Juli mit Arafat zusammentreffen und nach Kairo und Amman zu Gesprächen mit Präsident

Mubarak und König Abdallah fahren, um eine gemeinsame Grundlage für die Neuaufnahme der Verhandlungen mit den Palästinensern zu suchen.

Aus Barak nahestehenden Kreisen verlautet, daß Barak bei einer permanenten Regelung des Status im Westjordanland zu einer Räumung von circa 70 Prozent dieses Gebiets bereit sei. Arafat fordert einen

Rückzug von zumindest 90 Prozent. Was die Jerusalem-Frage betrifft besteht Barak auf der Aufrechterhaltung des Status von Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt Israels. Er soll aber dazu bereit sein,

Ostjerusalem einen autonomen kommunalen Status zu verleihen und die heiligen islamischen Stätten in der Jerusalemer Altstadt unter arabische Herrschaft zu stellen.

Das arabische Flüchtlingsproblem müßte durch ein internationales finanzielles Hilfsprogramm gelöst werden, wobei die palästinensischen Flüchtlinge in ihren Aufnahmeländern bleiben sollen und auch

Entschädigungen von Israel bekommen. Dies scheint für Israel jedoch nur auf der Grundlage akzeptabel, daß auch Israel entsprechende Entschädigungen für die Aufnahme von hunderttausenden Juden

bekommt, die nach 1948 arabische Länder verlassen und ihr Hab und Gut zurücklassen mußten.