Brüssel - Die EU will den Schweizern am Bankensektor an den Kragen: Die Eidgenossen sollen Zinsbesteuerung und Informationsaustausch zulassen, um Steuerflüchtlingen das Handwerk zu legen. Die EU-Außenminister wollen bei ihrer heutigen Sitzung in Brüssel einen Text vorlegen, der die Versäumnisse der Schweizer in diesem Bereich rügt. Aus Diplomatenkreisen verlautet, dass Österreich und Luxemburg Konsequenzen gegen die Schweiz noch ablehnen. Die Schweizer wollen von den Bestrebungen der EU indes nichts wissen.
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Beim EU-Gipfel im portugiesischen Feira vor zwei Jahren hatten sich die EU-Regierungen darauf verständigt, dass nach einer Übergangszeit von sieben Jahren ein Informationsaustausch eingeführt werden soll, mit dem Auslandsguthaben in der EU den heimischen Finanzämtern gemeldet werden sollen. Österreich und Luxemburg dringen mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Finanzplätze aber darauf, dass die Regelung nur umgesetzt wird, wenn auch wichtige Drittländer wie die Schweiz zum Informationsaustausch und damit zur Lockerung des Bankgeheimnisses übergehen. Die EU will diese Drittstaaten dazu bewegen, "gleichwertige" Maßnahmen zur Besteuerung der Auslandsguthaben einzuführen, um eine Kapitalflucht zu vermeiden.
Banken unter Druck setzen
Zuletzt hat der belgische Finanzminister Didier Reynders in dieser Angelegenheit aufhorchen lassen: Er wolle nicht mehr nur auf politischer Ebene verhandeln, sondern die Schweizer Banken direkt unter Druck setzten, so der Minister. Wenn diese Banken weiterhin in der EU arbeiten wollten, müssten sie vom Bankgeheimnis so weit abweichen, wie die Europäischen Institute das auch müssten, so Reyners.
"Gefahr für Weltfinanz"
Die Schweizer wehren sich bislang mit Händen und Füßen gegen die Bestrebungen der EU. Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Jean-Pierre Roth, meinte letzte Woche zu der Idee eines automatischen Informationsaustausch, es ginge keinesfalls an, dass man Ausländer, die den schweizerischen Finanzplatz aufsuchten, anders behandle, als die eigenen Bürger. Auch habe sich das System der Quellensteuer seit mehr als 50 Jahren bewährt.
Weiters wies Roth darauf hin, dass das Schweizer Bankgeheimnis kein Instrument der Kriminalität sei, da es von sehr strengen Regeln begleitet werde. Und um einem Klischee entgegen zu wirken: Das Bankgeheimnis biete nicht die perfekte Straffreiheit, wie "in bestimmten Filmen transportiert" werde. Außerdem: Der automatische Informationsaustausch, wie von der EU gefordert, würde eine Gefahr für das weltweite Finanzsystem darstellen. Denn wenn sich der Informationsaustausch lediglich auf eine begrenzte Zahl von Ländern beschränke, werde das Geld in andere Regionen der Welt abfließen - beispielsweise nach Singapur.