Bewertung der Lage in den EU-Kandidatenstaaten durch EU-Kommission lässt weiter auf sich warten.
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Brüssel. Wo bleiben sie, die Fortschrittsberichte? Auf diese Frage gibt es in der EU-Kommission offiziell nur ausweichende Antworten. Seit Wochen herrscht Verwirrung um den Termin der Veröffentlichung der Dokumente, die in regelmäßigen Abständen die Entwicklungen in jenen Staaten bewerten, die sich um einen EU-Beitritt bemühen. Sie sollen die Reformprozesse in den Bereichen Justiz oder Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Medienfreiheit oder der Minderheitenrechte, die Anpassung an die EU-Gesetzgebung beleuchten.
Üblicherweise werden die Fortschrittsberichte Mitte Oktober präsentiert. Aber in diesem Jahr hat der für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn die Papiere noch nicht veröffentlicht. Doch soll es nicht an ihm gelegen haben, dass sich der Termin verschob.
"Mediale Aufmerksamkeit müsse gesichert werden"
Es ist jedenfalls der Kommissionspräsident, der den Zeitpunkt bestimmt. Und Jean-Claude Juncker schien die Ausarbeitung eines Aktionsplans mit der Türkei als Lösungsansatz in der Flüchtlingskrise wichtiger denn die Präsentation eines Fortschrittsberichts, der auch Kritikpunkte enthält. Das brachte der Kommission den Vorwurf - unter anderem aus dem EU-Parlament - ein, die Behörde würde die türkische Regierung hofieren, was dieser kurz vor der Parlamentswahl durchaus willkommen war.
Dass das Dokument zurückgehalten werde, lassen Junckers Sprecher allerdings nicht gelten. Die Flüchtlingskrise erfordere nun einmal derzeit jedes Engagement, hieß es einmal. Ein ander Mal lautete das Argument, dass die mediale Aufmerksamkeit gesichert werden müsse.
Die Tagesordnung sollte nicht überfrachtet werden, erklärte eine Sprecherin wiederum gestern, Donnerstag. Immerhin wurde da die wirtschaftliche Herbstprognose präsentiert. Doch hat die Kommission schon öfter mehrere Vorhaben oder Berichte am selben Tag vorgestellt.
Von einer neuerlichen Verschiebung der Publikation der Fortschrittsberichte wollte die Behörde offiziell nicht sprechen - auch wenn noch wenige Tage zuvor eben von Donnerstag die Rede war. Der Termin sei jedoch nicht offiziell bestätigt worden. Ein Datum für die Veröffentlichung wird weiterhin nicht genannt; kommende Woche ist aber wahrscheinlich.
Das EU-Parlament ist da weniger vorsichtig. Die Vorstellung der Berichte im zuständigen Ausschuss hat es für den kommenden Dienstag angesetzt.