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Eiertanz um Nazi-Homepage

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

18 Wohnungen wurden durchsucht. | Keinerlei Details für Öffentlichkeit. | Eklat bei Pressekonferenz. | Wien. Wie verärgert man zwei Dutzend Journalisten? Man beruft eilig eine Pressekonferenz ein und erzählt dann nichts. So geschehen Montagvormittag im Innenministerium, wo Herbert Anderl, Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, Peter Gridling, Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), und Thomas Vecsey von der Wiener Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen gegen die rechtsextreme Szene und die Neonazi-Homepage "alpen-donau.info" Auskunft gaben - oder eben nicht.


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Zur Vorgeschichte: Am Wochenende waren Meldungen kursiert, wonach es bezüglich "alpen-donau.info" bereits Ende Oktober zu mehreren Hausdurchsuchungen gekommen ist. Dabei sollen Computer, Laptops, Mobiltelefone, aber auch Gewehre, Munition, Messer und NS-Devotionalien beschlagnahmt worden sein. Auch die Wohnung des bekannten Neonazis Gottfried Küssel soll durchsucht worden sein.

Sohn "im Dunstkreis", Vater versetzt

Eine weitere Meldung des Wochenendes lautete, dass ein Mitarbeiter des BVT in einem "familiären Naheverhältnis" zu einem der Hauptveranwortlichen der Homepage stehe. Dies wies Sicherheitsdirektor Anderl am Montag zurück. Zwar habe es einen Beamten gegeben, dessen volljähriger Sohn "im Dunstkreis des Rechtsextremismus aufgetreten" sei, es gebe aber keine Hinweise, dass dieser in die Causa "alpen-donau.info" involviert sei. Dennoch habe man mit dem Vater - dieser war laut Anderl als Kriminalbeamter beim BVT nie mit Extremismus beschäftigt - einvernehmlich beschlossen, ihn innerhalb des Innenministeriums zu versetzen.

Ansonsten waren Anderl, Gridling und Vecsey nicht sonderlich auskunftsfreudig. Jegliche Frage nach den insgesamt 18 Hausdurchsuchungen blieb unter Hinweis auf laufende Ermittlungen unbeantwortet. Gridling betonte jedoch, dass nicht alle Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit der Neonazi-Homepage stünden - dazu dürfte auch jene bei Küssel zählen, der Mitte Oktober in einem Lokal in Wiener Neustadt eine Ausländerin attackiert haben soll.

So gab es weder auf die Frage nach der Größe der rechtsextremen Szene in Österreich eine Antwort, noch auf das weitere Vorgehen gegen "alpen-donau.info". Die Seite liegt auf einem US-Server und ist für die österreichischen Strafverfolgungsbehörden daher kaum greifbar. Unkommentiert blieb auch, dass einige der Betreiber der Homepage aus dem Umfeld des Militärgymnasiums und der Militärakademie Wiener Neustadt kommen sollen. Szenekenner vermuten zudem Verantwortliche der Homepage im Burschenschaftermilieu, aber auch im Umfeld der FPÖ-Vorfeldorganisation Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ).

Rechte Maulwürfe im Innenministerium?

Ein "Sie werden verstehen, dass ich dazu nichts sagen kann" gab es von Gridling auf die Frage nach dem Gerücht, wonach Küssel ein V-Mann der Polizei sein soll. Andererseits betonten Anderl, Gridling und Vecsey, dass es auf der anderen Seite keine Hinweise gebe, dass es im Innenministerium einen "Maulwurf" der Rechtsextremen gebe. Dieser Verdacht wird dadurch genährt, dass es auf "alpen-donau.info" etwa heißt: "Wie uns Helfer aus dem Innenministerium mitteilten .. ."

Schließlich wurde die Pressekonferenz mit der Begründung beendet, die Fragen würden sich nur im Kreis drehen. Die Journalisten reagierten mit Empörung. Den davoneilenden Vortragenden wurde "Farce und Verarschung" vorgeworfen.

Auch der grüne Abgeordnete Karl Öllinger - neben anderen Politikern und Journalisten (darunter eine Mitarbeiterin der "Wiener Zeitung") wiederholt Ziel von Angriffen auf "alpen-donau.info" - zeigte Unverständnis für das BVT. Die Ermittlungen gegen die Rechtsextremen würden nicht mit der notwendigen Konsequenz vorangetrieben. "Es stellt sich die Frage, ob das BVT nur inkompetent und inkonsequent ist oder ob es absichtlich bei Rechtsextremismus wegsieht", so Öllinger.

Seit einigen Jahren regt sich die rechtsextreme Szene in Österreich wieder vermehrt. Im Vorjahr gab es 791 Anzeigen, in 14 Fällen sogar wegen rassistisch motivierter Körperverletzung.