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Investoren profitieren, die Alten bleiben auf der Strecke. | Korruption bestimmt das System. | Bukarest/Hermannstadt. Rumänien ist längst nicht mehr das Armenhaus Europas, als das es lange galt. Wenn auch die Armut der Alten und vieler Modernisierungsverlierer nicht zu übersehen ist.
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In den Ballungsräumen ist was zu holen, zumindest wenn man viel Geld hat, das man investieren kann. Das wissen die Österreicher, die im Karpatenland zu den eifrigsten Investoren zählen. "Jede dritte Übernahme oder Neugründung kommt von uns," freut sich Walter Friedl, Leiter der Außenhandelsstelle in Bukarest. Schon vor einigen Jahren - als der EU-Beitritt noch in weiter Ferne lag - haben sich Firmen wie die Wiener Städtische, Raiffeisen, Gebrüder Weiß, Siemens Österreich, die Erste Bank und die Volksbank auf das Wagnis Rumänien eingelassen.
Damals bestimmte die Korruption das System. Daran hat sich auch heute nur wenig geändert. Offen will das Problem keiner ansprechen, denn dadurch könnte man sich das gute Verhältnis mit den rumänischen Behörden verderben. Doch ein junger Rechtsanwalt der heimischen Kanzlei Schönherr und Partner, die mittlerweile die größte Kanzlei in Rumänien hat, bringt es auf den Punkt: "Es gibt ein großes Korruptionsproblem. Brüssel hat darauf zu achten, dass es in Grenzen gehalten wird." Er fügt aber prompt hinzu, dass österreichische Firmen noch nicht in Schmiergeldaffären verwickelt waren.
Ein kleines Land hat es mit Übernahmen leichter
Vielmehr sei es die kulturelle und historische Nähe der Alpenrepublik, die ihr einen Startvorteil schuf. Außerdem habe es ein kleines Land wie Österreich viel leichter gegen Deutschland und Frankreich eine Ausschreibung zu gewinnen. "Auch wenn sie nicht die großen Taschen voll Geld auf den Tisch legen." Der Privatisierungsprozess ist zum Großteil abgeschlossen. Im vergangenen Jahr sorgte die spektakulären Übernahme der größten Rumänischen Bank, Banca Comerciala Romana (BCR) durch die Erste Bank für Aufsehen. Der Kaufpreis für die Mehrheit betrug 3,75 Mrd. Euro. Ein Jahr davor war der Einstieg der OMV beim Ölkonzern Petrom ein österreichisches Wirtschafts-Highlight. Die 51 Prozent kosteten 1,5 Mrd. Euro. Diese beiden Transaktionen wurden nicht mit Korruption in Zusammenhang gebracht. Doch nicht immer laufen Privatisierungen sauber ab. Davon weiß auch der Chef der Antikorruptionsbehörde (DNA), Daniel Morar. Er muss einige Fälle neu aufrollen.
Unsaubere Geschäfte mit Rompetrol-Aktien
Unsaubere Geschäfte gab es im Fall des zweitgrößten Ölkonzerns Rompetrol. Eigentümer Dinu Patriciu - er ist Mitglied der regierenden Nationalliberalen Partei und ein guter Freund von Premier Calin Popescu Tariceanu - wird vorgeworfen, dass er Politiker und Freunde mit Insiderwissen bestochen hat. Auch von Geldwäsche ist die Rede. Patriciu hatte 2004 unerlaubterweise darüber informiert, dass Rompetrol-Aktien an der Bukarester Börse angeboten werden. Die Aktien gewannen damals binnen weniger Stunden ein Vielfaches an Wert. Tariceanu war ein Käufer der Aktien, gab er gegenüber der DNA zu. Viele Rumänen erwarten nun, dass die Causa aufgeklärt wird und Schuldige zur Rechenschaft gezogen werden.
Ein umstrittenes Projekt ist die Anfang 2005 eingeführte Flat Tax von 16 Prozent auf Gewinne und Einkommen. Ausländische Investoren begrüßen sie als Schönheitskur für den Investitionsstandort. Die Opposition aber auch viele NGOs kritisieren, dass die Einnahmen wegbrechen und sprechen von einem Verlust für Rumänien von einer Mrd. Dollar.
Dabei hätte das Land das Geld bitter nötig. Die Sozialtöpfe sind leer, die Armut ist groß und die Pensionen werden nicht erhöht. Außerdem ist die Infrastruktur (Straße, Schiene und Stromnetze) mangelhaft. So verfügt Rumänien nur über 200 Kilometer Autobahn, das Schienennetz ist mit 11.000 Kilometer weit größer aber sehr reparaturbedürftig. Die Stromleitungen in Bukarest sehen aus, als wären sie wahllos und zufällig um Masten gewickelt worden - auch hängen sie gefährlich tief. Doch nach dem Verkauf des Bukarester Stromverteilers muss der neue Eigentümer für Abhilfe sorgen.
Ein ungelöstes Problem ist die Restitution von Häusern und Wohnungen. Durch übereilte Rückgabeaktionen ist oft nicht mehr zu klären, wer rechtmäßiger Eigentümer ist. Viele fürchten, dass die strittigen Fälle die Gerichte jahrelang beschäftigen werden.