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Eigentlich geht’s nur um Kärnten

Von Reinhard Göweil

Politik

Republik könnte Land Kärnten Kredit geben - und die Bank pleitegehen lassen.


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Wien. "Es gibt jetzt vertiefende Gespräche mit den Banken. Wir wollen das relativ zügig mit ihnen erörtern", sagte Finanzminister Michael Spindelegger am Montag nach dem "Hypo-Gipfel". Dabei wurden er und Kanzler Werner Faymann über die vier Modelle informiert, mit denen die Hypo Alpe Adria "abgewickelt", also in den kommenden zehn Jahren langsam liquidiert werden kann.

Schlechte Nachricht für die Steuerzahler: Die von der EU genehmigten Maximalkosten von 11,7 Milliarden Euro werden in jedem Modell ziemlich ausgeschöpft. Das "Milliardengrab" aus Kärnten hat in Österreich zur höchsten Bankenabgabe im EU-Raum geführt, derzeit zahlen die Geldinstitute jährlich 600 Millionen Euro.

Task Force will keine Pleite

Die immensen Kosten der Hypo führen allerdings auch dazu, in der Regierung das Insolvenz-Szenario nach wie vor nicht aus den Überlegungen auszuscheiden, auch wenn die "Bad Bank"-Arbeitsgruppe diese Variante nicht empfiehlt. Deren Leiter, Ex-Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher, warnte vorige Woche in einem Pressegespräch davor. "Österreich ist Teil der Stabilitätszone im Euro-Raum, und die Insolvenz eines Bundeslandes in Kauf zu nehmen, hätte massive Auswirkungen."

Denn die Not-Verstaatlichung der Hypo im Dezember 2009 und die anschließenden Zuschüsse in die Bank, um sie am Laufen zu halten, haben im Wesentlichen einen Grund: Das Land Kärnten garantiert derzeit noch mit 12,5 Milliarden Euro für Anleihen der ehemaligen Landesbank. Geht die Bank pleite, würden die Haftungen schlagend. Da das Land Kärnten das Geld nicht hat, wäre es ebenfalls pleite - ein in Österreich bisher unbekannter Vorgang.

Private könnten mitzahlen

Im Finanzministerium und bei Verfassungsrechtlern wird dieser Kausalzusammenhang kritisch gesehen. Ein Bundesland kann - rechtlich gesprochen - nicht insolvent werden. Es geht aber darum, wie die Finanzmärkte darauf reagieren. Manche befürchten eine deutliche Verschlechterung der Bonität Österreichs.

"Die Anleihen der Hypo liegen bei Großinvestoren, dem Vernehmen nach großteils in Deutschland, der Schweiz und Italien. Und dass es keine Bundeshaftung für Länder-Schulden gibt, müsste diesen Investoren bekannt sein", sagte ein Banker.

Neben den vier Modellen der Arbeitsgruppe würde es - so ist zu hören - eine fünfte Möglichkeit geben. Verkürzt gesprochen könnte die Hypo Alpe Adria in die Insolvenz geschickt werden, die Republik Österreich könnte zeitgleich einen 30- oder gar 50-jährigen Kredit in Milliardenhöhe an Kärnten vergeben.

Dadurch würde eine Pleite des Bundeslandes Kärnten verhindert werden, was Michael Spindelegger auch als ÖVP-Obmann ruhiger schlafen ließe. "Wenn der Bund das Land fallen ließe, würden die ÖVP-Landeshauptleute Spindelegger sofort in die Wüste schicken", ist aus ÖVP-Kreisen zu hören. "Das bringt er nicht durch."

Ein sehr lange laufender Kredit würde aber sicherstellen, dass das Land Kärnten seine Verbindlichkeiten und Aufgaben weiter finanzieren kann. Die Rede ist dabei von sechs Milliarden Euro, die nach Bedarf abgerufen werden und die Staatsschuld nicht schlagartig erhöhen würden. Kärnten selbst könnte - wegen der langen Laufzeit und der niedrigen Zinsen - die jährliche Belastung daraus auf in etwa 100 Millionen Euro reduzieren. Angesichts eines Zwei-Milliarden-Budgets schmerzlich, aber machbar.

BayernLB in der Pflicht

Die Hypo Alpe Adria würde dagegen insolvent werden und - im Gegenzug zu den vier Modellen - private Gläubiger dabei mitzahlen lassen. Die Bayerische Landesbank als ehemaliger Eigentümer müsste ihre 2,3 Milliarden Euro abschreiben, die noch in der Bank liegen, und würde sich weiteren Forderungen des Hypo-Masseverwalters ausgesetzt sehen.

Und auch die Anleihezeichner der Hypo würden vor erheblichen Problemen stehen, wie Finanzrechtler vorrechnen. "Das ist eine Ausfallshaftung des Landes, die rechtlich sehr komplex ist. Anleihe-Gläubiger müssten die Hypo klagen - mit ungewissem Ausgang. "Andere Beispiele in Krisenländern zeigten, dass Großgläubiger zu Abschlägen bereit sind, wenn sie dafür den Rest sicher bekommen", ist auch aus Aufsichtskreisen zu hören. "Jeder Cent, den private Gläubiger nachlassen, entlastet das Budget." Also die Steuerzahler.

EU-Vorgaben für 2015

Die Insolvenz der Bank soll auch von der Finanzprokuratur befürwortet werden. Ob sich die Regierung dieses Szenario zutraut, wird der Februar zeigen.

Die EU-Vorgaben jedenfalls sehen vor, dass die fünf Balkan-Tochterbanken bis Mitte 2015 verkauft werden. Etwa neun Milliarden Euro Bilanzsumme würden so den Besitzer wechseln. Von den verbleibenden 19 Milliarden Euro werden sechs Milliarden Euro als werthaltig eingestuft - Käufer würden den Nennwert bezahlen. Somit verblieben 13 Milliarden Euro als Risiko in der "Abwicklungsbank". Diese Geschäfte, bei denen es sich um Kredite, Leasingforderungen und Immobilien handelt, müssten in einem Zeitraum von etwa zehn Jahren abverkauft werden. Was schlussendlich übrig bleibt, ist der tatsächliche Verlust.

Dieses Szenario hätte für die Republik Österreich den Vorteil, dass die Bankenabgabe bleiben könnte. Denn die Verhandlungen der Regierung mit den österreichischen Geldinstituten auf Basis der jetzigen Vorschläge bergen eine Gefahr: Die jetzige Bankenabgabe würde in "verlorene Zuschüssen" umgewandelt. Das Geld käme in einen Stabilisierungsfonds, der die Hypo abwickelt. Das würde zwar verhindern, dass schlagartig 19 Milliarden Euro in die Staatsschuld wandern, immerhin mehr als sechs Prozent der Wertschöpfung Österreichs. Aber auf der anderen Seite würden im laufenden Budget 600 Millionen Euro jährlich fehlen. "Ein Sparprogramm wegen der Hypo, das hält weder die Partei noch Werner Faymann aus", ist aus Gewerkschaftskreisen dazu zu hören.

Im Kanzleramt ist man daher, so ist inoffiziell zu hören, mit den Empfehlungen der "Bad Bank"-Arbeitsgruppe nicht besonders glücklich. Kanzler Faymann gab nach dem Hypo-Gipfel keinen Kommentar ab.

Die Zeit drängt

Die Zeit indes drängt, wie auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny sagte, der am Gipfel ebenfalls teilnahm. "Technisch gesehen wäre eine Abwicklungseinheit für die Hypo bis Ende März möglich." Danach bräuchte es aber für alle vier Modelle, die am Tisch liegen, ein eigenes Gesetz. Die Neos haben bereits anklingen lassen, dass sie das Insolvenz-Szenario im Parlament diskutieren wollen. Auch Grüne und die FPÖ wollen einer Hypo-Rettung nicht ohne weiteres zustimmen. Lange Debatten im Nationalrat sind also programmiert.

Die Hypo Alpe Adria ist abseits der vielen Gerichtsprozesse und der Debatte um eine Abwicklung immer noch eine Bank. Und als solche unterliegt sie der in ganz Europa immer härter werdenden Bankenregulierung. 12,4 Prozent Eigenmittel verlangt die Aufsicht für die Hypo, das würde auch für heuer einen dreistelligen Millionen-Zuschuss bedeuten - wenn sie nicht umgewandelt wird.