Nur einen Tag nach dem Beschluss über die Zusammenführung von Gendarmerie und Polizei, trat am Freitag Innenminister Ernst Strasser mit einem Paukenschlag von der politischen Bühne ab. Völlig überraschend für Öffentlichkeit wie Parteifreunde verkündete er seinen Abgang in die Privatwirtschaft.
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"Ich habe Sie heute eingeladen, um Ihnen meinen Entschluss mitzuteilen, dass ich im kommenden Jahr nach 13 Jahren in der Politik in die Privatwirtschaft zurückkehren werde." Mit diesen Worten eröffnete Strasser kurz nach 11 Uhr Freitagvormittag unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen in dem zum Bersten mit Journalisten gefüllten Saal seine Rücktrittspressekonferenz. Den Entschluss dazu habe er im Frühsommer gemeinsam mit seiner Frau getroffen, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sei "zeitgerecht" von ihm informiert worden. Dieser erklärte am Nachmittag, Strasser habe ihn am Vortag über seine Pläne unterrichtet.
Sein Rücktritt sei "definitiv", eine spätere Rückkehr in die Politik schloss Strasser ausdrücklich aus: "Ich bin jetzt 48 Jahre alt und habe noch etwa 15, 17 Berufsjahre vor mir. Hier stellt sich einem die Frage, was man in diesem verbleibenden Lebensabschnitt noch tun will". Nach dem Beschluss der Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie am Donnerstag im Nationalrat, den Strasser als "historisches Datum" bezeichnete, sei "jetzt der geeignete Zeitpunkt gekommen, das Kapitel Politik abzuschließen", erklärte der Minister.
Zuvor ging alles Schlag auf Schlag: Um 9.43 Uhr berichtete die APA per Eilt-Meldung über einen Bericht des Online-"Kurier", der exklusiv die Nachricht des Strasser-Rücktritts verkündete. Wie groß die Überraschung tatsächlich war, demonstrierte noch kurz nach 10 Uhr Sozialminister Herbert Haupt im Parlament: Als er in der Fragestunde mit der Nachricht vom Rücktritt konfrontiert wurde, sprach er von "Gerüchten" und ergänzte: "Ich bin vier Jahre Minister - und ich kann mich nicht erinnern, dass es in diesen Jahren nicht in der Vorweihnachtszeit Rücktrittsgerüchte zu meiner Person gegeben hat, die falsch waren." In diesem Fall stimmten die Gerüchte jedoch.
Er wolle nun in die Privatwirtschaft zurückkehren, wohin genau sei jedoch noch nicht entschieden, erklärte Strasser: Er verfüge über "zwei attraktive Angebote aus der Privatwirtschaft". Fix sei lediglich, dass er in Wien bleiben, jedoch viel im Ausland unterwegs sein werde. Nähere Details, etwa von welchen Unternehmen die Angebote stammten, wollte er auch auf Nachfrage nicht bekannt geben.
Zwei Personen nannte der scheidende Innenminister, denen er ausdrücklich Dank schulde: Erwin Pröll und Wolfgang Schüssel. Niederösterreichs Landeshauptmann habe ihn einst als Landesgeschäftsführer in die Politik geholt, der Bundeskanzler habe ihm die Chance in der Bundespolitik gegeben, als er ihn 2000 als Innenminister in die Regierung berief.