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Ein Abkommen als Wendepunkt zum Negativen

Von Salah Abdel Shafi

Gastkommentare
Salah Abdel Shafi ist seit 2014 palästinensischer Botschafter in Österreich.
© Margit Kundigraber

Die Lösung des Kernproblems des Nahost-Konflikts wird in noch weitere Ferne rücken.


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Die Unterzeichnung des Abraham-Abkommens zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain ist ein Wendepunkt für den Nahen Osten - ein Wendepunkt zum Negativen. Dieses Abkommen wird keineswegs zur Stabilität in der Region beitragen, sondern die Lösung des Kernproblems des palästinensisch-israelischen Konflikts in noch weitere Ferne rücken.

Beim arabischen Gipfeltreffen in Beirut im Jahr 2002 wurde die sogenannte arabische Friedensinitiative von den arabischen Staaten einstimmig angenommen. Diese Initiative, die ihre Gültigkeit nach wie vor nicht verloren hat, basiert auf dem Konzept "Land für Frieden". Alle arabischen Staaten würden dann volle diplomatische Beziehungen und eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel aufnehmen, sobald Israel die völkerrechtswidrige Besatzung der palästinensischen Gebiete beendet und ein palästinensischer Staat in den Grenzen von 1967 errichtet wird. Diese Initiative wurde von der Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft begrüßt, Israel lehnte sie jedoch ab.

Mit diesem Abkommen haben Bahrain und VAE die Prinzipien dieser Initiative gesprengt. Die einzige Verpflichtung, die Israel in Bezug auf dieses Abkommen eingegangen ist, ist die Suspendierung der geplanten Annektierung großer Teile palästinensischer Gebiete. Dies hindert Israel keineswegs daran, weiterhin Landraub und die Errichtung völkerrechtswidriger israelischer Siedlungen - mit all ihren negativen Folgen für die palästinensische Zivilbevölkerung - voranzutreiben. Die Pläne zur Erweiterung von bereits bestehenden israelischen Siedlungen wurden schon bekanntgegeben.

Das Abkommen eröffnet nicht zuletzt neue Märkte in der Golfregion für moderne Waffensysteme der US-Rüstungsindustrie. In einer Region, die ohnehin von Spannungen mit dem Iran beherrscht wird, ist die Europäische Union gut beraten, über dieses Abkommen nicht euphorisch zu sein. Vielmehr sollte sie sich darüber im Klaren sein, dass es sich destabilisierend auf die für die Weltwirtschaft wichtige Region auswirken wird.

Obschon es gewiss das Recht eines jeden Staates ist, in diplomatische Beziehungen mit anderen Ländern zu treten und Friedensabkommen zu beschließen, so ist es keineswegs das Recht anderer Staaten, sich über die palästinensische Regierung hinwegzusetzen und ohne deren Einbeziehung über Palästina und das palästinensische Volk zu bestimmen. Dies kann nur mit der einzig legitimen und anerkannten Vertretung des palästinensischen Volkes, der PLO, passieren.

Im Jahr 1993 hat Yasser Arafat in einem Brief an den damaligen israelischen Premierminister Yitzhak Rabin das Existenzrecht Israels "in Frieden" anerkannt. Bis heute jedoch lehnt Israel es ab, das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung anzuerkennen. Nur dann, wenn das palästinensische Volk in Würde, Freiheit und einer demokratischen Selbstbestimmung in einem unabhängigen Staat Palästina leben kann, werden in dieser Region Frieden und Stabilität herrschen.