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Ein Abschied mit doppeltem Handkuss

Von Thomas Krumenacker

Europaarchiv

Frankreichs scheidender Präsident Jaques Chirac besucht Deutschland. | Berlin. Es ist sein letzter Auftritt auf der großen Bühne und der hochgewachsene Herr genießt ihn sichtlich. Vor der prächtigen Kulisse des Berliner Reichstags und der im Hof des Kanzleramts angetretenen Ehrenformation aus Soldaten lässt Jacques Chirac am Donnerstagabend noch einmal seinen ganzen Charme spielen.


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Mit doppeltem Wangenkuss gefolgt von einem doppeltem Handkuss begrüßt er Gastgeberin Angela Merkel. Und auch sonst lässt der 74-Jährige keinen Zweifel aufkommen, wer den Ton angibt. Bei seinem letzten offiziellen Auslands-Besuch als französischer Präsident schiebt er Merkel in die richtige Kameraposition und unterstreicht jedes seiner Worte mit den pathetisch-raumgreifenden Gesten, die in den zwölf Jahren seiner Präsidentschaft zum Markenzeichen des Neogaullisten geworden sind.

Es gibt nicht mehr viel zu besprechen, Chirac wird in Kürze sein Amt an seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin übergeben, doch das stört an diesem sonnigen Abend in Berlin nicht.

Die deutsche EU-Ratspräsidentin will Chirac den Auftritt als Dankeschön und Würdigung seiner zwölfjährigen Regentschaft schenken. Und so überschüttet Merkel Chirac geradezu mit Freundlichkeiten, offenbart, dass er ihr in der Anfangszeit als Kanzlerin sehr geholfen hat, würdigt sein Engagement für die Förderung des Jugendaustauschs und erinnert daran, dass es der Franzose war, der als erster ausländischer Staatsgast im neu wiedereröffneten Reichstag gesprochen hat.

Mit kurzzeitig brüchiger Stimme bedankt sich Chirac bei Merkel, der er "Zuneigung aus vollem Herzen, Hochachtung und allergrößten Respekt" bekundet. Und bevor Merkel und ihr Gast sich zum Abendessen zurückziehen zeigt Chirac, dessen lange Ansprachen stets gefürchtet waren, dass auch wenige Tage vor Ende seiner Amtszeit immer noch ein Mann ist, der viel zu sagen hat.

Mehr als einmal setzt er an, seine Ansprache fortzusetzen, obwohl der Dolmetscher seine vorangegangenen Worte noch gar nicht zuende übersetzt hat.