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Ein alter Freund und ewiges Vorbild

Von Walter Hämmerle

Politik

Schwedisches Modell gilt in Österreich seit | jeher als Vorbild. | Legendäre sozialdemokratische Achse Kreisky-Palme. | Wien. Einst verbreiteten sie Furcht und Schrecken in Mitteleuropa - die Schweden unter ihrem König Gustav II. Adolf. Sein Gegner war das katholische Österreich unter den Habsburgern, das er, die protestantische Sache auf den Lippen, während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) mehrmals bis an den Rand einer Niederlage brachte.


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Doch diese Sache ist längst zwischen den durch die Wirrnisse der Weltgeschichte inzwischen zu europäischen Kleinstaaten mutierten ehemaligen Großreichen ausgeräumt. Zwischenzeitlich sogar mehr als das: In den 1970er- und frühen 1980er Jahren marschierten Wien und Stockholm Schulter an Schulter auf der Suche nach einer besseren, einer sozialdemokratischeren Welt.

Den beiden sozialdemokratischen Regierungschefs Olof Palme (geboren 1927, ermordet 1986) und Bruno Kreisky (1911 bis 1990) gelang für eine kurze Zeit, ihren beiden Ländern in der Zeit des Kalten Krieges dank ihres außenpolitischen Geschicks einen Platz auf der internationalen Bühne zu sichern.

Einst auf der Weltbühne, heute zwei Kleinstaaten

Von diesen ehrgeizigen Ambitionen sind jedoch - jenseits aller rhetorischen Gegenbeteuerungen - heute nur noch Spurenelemente übrig. Beide Staaten haben sich mit ihrer kleineren Rolle in einem vereinigten Europa abgefunden. Das hat zur Folge, dass für beide Länder handfeste gemeinsame politische Interessen derzeit Mangelware sind. Vor allem Österreich hat sich seit dem gemeinsamen EU-Beitritt im Jahr 1995 auf seine unmittelbare Nachbarschaft konzentriert. Die Bande zum Partner von einst wurden deutlich lockerer.

Der dreitägige Besuch des schwedischen Königspaares - quasi der Höhepunkt der derzeit laufenden "Schweden-Wochen" - könnte allerdings dabei helfen, die Weichen neu zu stellen. Das Besuchsprogramm von König Carl XVI. Gustaf (61) und Königin Silvia (63), die aus Deutschland stammt, ist dicht - und die Atmosphäre war jedenfalls schon beim Empfang am Dienstag durch Bundespräsident Heinz Fischer und Ehefrau Margit mehr als herzlich.

Neben den üblichen protokollarischen Empfängen und Begegnungen findet sich aber auch Handfestes auf der Agenda: Etwa ein schwedisches Wirtschaftsforum heute, Mittwoch, und eine anschließende Präsentation der Firmen Volvo und Kapsch. Auf der königlichen Prioritätenliste ganz oben steht das Thema Energie- und Klimapolitik. Natürlich macht das Königspaar auch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer seine Aufwartung.

Sozialdemokratisches Musterland und Vorbild

Die Schweden-Affinität der österreichischen politischen Klasse reicht bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück: Während der NS-Ära machte sich das skandinavische Land als sicherer Hafen für jüdische Flüchtlinge einen Namen. Kreisky war dort ebenso im Exil wie etwa die Familie der Ehefrau des heutigen Bundespräsidenten.

Tatsächlich glich das Verhältnis der beiden Staaten später einer Einbahn-Beziehung: Seit 1945 betrachtete Österreich das Land im Norden als Vorbild in jeder Hinsicht. Vor allem dem Wohlfahrtsstaatsmodell eiferten Österreichs Parteien stets nach - auch wenn sich meistens nur die SPÖ uneingeschränkt zu dem durch und durch sozialdemokratisierten Vorbild bekannte. Allenfalls die hohe Abgaben- und Staatsquote in Schweden lässt die hiesigen Parteien vor Nachahmung zurückschrecken.

Mit dem Antritt der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 erlitten die Beziehungen einen veritablen Schock. Verantwortlich dafür: die schwedische Unterstützung für die EU-Sanktionen. Umgekehrt bedeutete die österreichische Entscheidung für den Eurofighter einen veritablen Schock für die Schweden - immerhin hatten sich die Luftstreitkräfte des Bundesheeres jahrzehntelang von Saab ausrüsten lassen.

Natürlich hatten die Schweden auch in Sachen Reformpolitik die Nase vorn: Schmerzhafte Einschnitte in den Sozialstaat dominierten in Stockholm schon die Agenda, als sich in Wien die große Koalition in den 1990er Jahren noch immer selbst blockierte. Entsprechend liegt das kostenintensive, dafür aber mittlerweile wieder hocheffiziente schwedische Wohlfahrtsstaatsmodell auch in punkto Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts knapp, aber doch, vor Österreich.