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Ein anderes Budget

Von Julia Kerschbaumsteiner und Heinz Högelsberger

Gastkommentare
Julia Kerschbaumsteiner (Greenpeace Österreich) und Heinz Högelsberger (Gewerkschaft vida) arbeiten im Rahmen des Bündnisses "Wege aus der Krise" an der Erstellung des alternativen "Zivilgesellschaftlichen Zukunftsbudgets" mit (www.wege-aus-der-krise.at).

Verkehrsinfrastruktur, thermische Sanierung, Kinderbetreuung - Zukunftsinvestitionen gegen die Arbeitslosigkeit.


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Mit Ende März 2014 waren 402.323 Menschen ohne Job (inklusive Schulungen) - ein Nachkriegsrekord! Während die Bundesregierung beim neuen Budget über weite Strecken den Rotstift ansetzt, bräuchte es angesichts dieser Entwicklungen heute mehr als je zuvor Investitionen, mit denen der Pfad in eine sozial und ökologisch verträgliche Zukunft beschritten werden kann. Investitionen in eine solche zukunftsträchtige Infrastruktur haben fast nur Vorteile: Sie schaffen tausende Jobs, mildern soziale Gegensätze und sind gut für die Umwelt. Man kann das am Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel durchspielen.

Mehrere Studien zeigen übereinstimmend, dass Verkehrsinfrastrukturen desto mehr Jobs schaffen, je "sauberer" sie sind. In Zahlen: Mit einer Investitionssumme von einer Milliarde Euro (Preisniveau 2000) kann man im Autobahnbau Arbeitsplätze im Ausmaß von 10.000 Beschäftigungsjahren kreieren. Baut man hingegen Bahnen, Radwege oder verkehrsberuhigte Zonen, liegt der entsprechende Wert zwischen 16.000 und 26.000 Arbeitsjahren. Auch der Öffi-Betrieb schafft Jobs, im Gegensatz zum "selbstfahrenden" Pkw-Verkehr.

Hinzu kommt die soziale Komponente: Einen Fahrgast mit Öffis einen Kilometer zu befördern, kostet im österreichischen Durchschnitt elf Cent. Fährt dieselbe Person mit dem Pkw, zahlt sie dafür rund den dreifachen Betrag. Budgetschnitte beim öffentlichen Verkehr kommen also volkswirtschaftlich in mehrfacher Hinsicht sehr teuer. Hinzu kommt, dass Autofahren zehnmal klimaschädlicher ist als die Bahn. Fast ident sind die Effekte bei der thermischen Sanierung. Mit einer zusätzlichen Förderung von 200 Millionen Euro jährlich würden 2200 Jobs geschaffen sowie Heizkosten und CO2-Emmissionen sinken. Investitionen in effiziente und CO2-arme Infrastruktur würden die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten drastisch reduzieren.

Ähnliche Win-Win-Situationen gibt es beim Ausbau sozialer Infrastruktur: Will man Kindergärten, Krippen und Vorschulen zügig ausbauen und Kindergärtner besser entlohnen, so schlägt sich das mit Mehrkosten von 350 Millionen Euro jährlich zu Buche. Auf der Habenseite stehen 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie bessere Betreuung und mehr Chancengleichheit für die Kinder. Insbesondere im Lichte zuletzt veröffentlichter Zahlen zur Arbeitslosigkeit wird deutlich, dass es Zukunftsinvestitionen braucht, um den Beschäftigungsmotor in Österreich anzuwerfen.

Gibt es also nur Gewinner durch nachhaltige Investitionen? Natürlich nicht. Beim konsequenten Öffi-Ausbau gehören die Ölindustrie und die Straßenbaulobby zu den Verlierern Will man für Mieter ein Recht auf (thermisch) sanierten Wohnraum verankern, sehen die Mietshausbesitzer darin eine unzulässige Einschränkung ihrer Freiheiten. Wird das Bildungs- und Betreuungssystem besser und gerechter, müssen die derzeitigen Eliten um die Privilegien für sich und ihre Kinder fürchten. Auch die Finanzierung dieser Maßnahmen etwa über eine Besteuerung des Vermögens oder durch die stärkere Belastung von unökologischem Handeln wird in erster Linie die oberen Zehntausend treffen. Gegenwind ist also programmiert.