Nicht einmal mehr zum Begräbnis eines ANC-Veteranen darf Südafrikas Präsident kommen. Jacob Zuma weht viel Gegenwind entgegen. Genau in diesem Moment will er offenbar seinen Finanzminister entlassen.
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Johannesburg/Wien. Jacob Zuma war nicht willkommen. In Johannesburg wurde am Mittwoch der Anti-Apartheids-Kämpfer Ahmed Kathrada, ein enger Weggefährte Nelson Mandelas und 26 Jahre lang politischer Gefangener, zu Grabe getragen. Der Sarg war eingehüllt in die schwarz-grün-gelbe Flagge des African National Congress (ANC), der einstigen Befreiungsbewegung und nunmehrigen Regierungspartei. Viel Prominenz war anwesend - religiöse Würdenträger, Veteranen des Befreiungskampfes und Regierungsmitglieder. Nur Südafrikas Präsident fehlte.
Er kam damit dem Wunsch des mit 87 Jahren Verstorbenen nach: Kathrada hatte sich laut Verwandten ausbedungen, dass Zuma seinem Begräbnis fernbleibt. Nachdem "Kathy", wie Kathrada von Freunden und anderen Veteranen genannt wurde, sich jahrelang kaum politisch geäußert hatte, hatte er Zuma vergangenes Jahr in einem offenen Brief zum Rücktritt aufgefordert - nachdem der Verfassungsgerichtshof festegestellt hatte, dass der Präsident die Konstitution verletzt hatte.
Anti-Zuma-Kundgebung
Begräbnisse von Lichtgestalten des Befreiungskampfes sind in Südafrika oft auch ein Moment der Selbstreflexion - inwieweit die Regenbogennation ihren Idealen gerecht wird, inwieweit der ANC die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt.
Kathradas Begräbnis wurde zu einer ausdrucksstarken politischen Kundgebung. Während Imam Mulana Ebrahim Bham und der anglikanische Erzbischof Thabo Makgoba noch ganz allgemein mahnten, standhaft und gerecht zu bleiben und das Böse nicht triumphieren zu lassen, wurden andere Redner konkreter. Kgalema Mothlante, der selbst fünf Jahre Vizepräsident unter Zuma gewesen war, verlas noch einmal Passagen aus dem Brief Kathradas, in dem dieser Zuma zum Rücktritt aufforderte. Die Reaktion: Standing Ovations und lang anhaltender Applaus.
Ein symbolträchtigeres Bild, wie angeschlagen und umstritten Zuma ist, hätte es kaum geben können. Der 74-Jährige hat sich viel geleistet: Er hat den Ausbau seines privaten Anwesens durch Steuergelder finanziert - wofür es die Kritik des Verfassungsgerichts setzte. Mittlerweile musste er die Gelder zurückzahlen. Die Anti-Korruptions-Behörde hat wiederum Zumas enge Verbindungen zum Gupta-Clan dokumentiert. Die ebenso einflussreiche wie umstrittene Industriellenfamilie hat offenbar Einfluss auf die Ernennung von Ministern genommen.
Auch andere politische Entwicklungen bringen Zuma in Bedrängnis: Ihm wird eine Mitschuld an den Niederlagen des ANC bei den jüngsten Regionalwahlen im August vergangenen Jahres gegeben, bei denen der ANC mehrere Städte, darunter etwa Johannesburg und die Hauptstadt Pretoria, an die Demokratische Allianz verloren hatte. Zudem wird der ANC von Fraktionskämpfen aufgerieben, von denen Zuma selbst ein Teil ist.
Mitten in diesen Turbulenzen will Zuma nun offenbar den einen riskanten Schritt setzen: Medienberichten zufolge steht die Entlassung von Finanzminister Pravin Gordhan unmittelbar bevor. Zuma soll diese hinter verschlossenen Türen schon angekündigt haben.
Gordhan musste auf Geheiß von Zuma eine Dienstreise abbrechen und nach Südafrika zurückkehren - und das in einem heiklen Moment. Er war in London gewesen, um Investoren und Vertreter von Ratingagenturen zu treffen. Diese drohen schon länger mit der Herabstufung der Bonität, die sich bedrohlich dem Ramschstatus nähert. Gordhan ist ein Liebling der Finanzmärkte, gilt er doch als Garant für Stabilität. Kaum waren die Gerüchte von seiner Absetzung in der Welt, ging es mit der südafrikanischen Währung, dem Rand, bereits bergab. Am Mittwoch hatte er bereits fünf Prozent seines Wertes im Vergleich zum Dollar verloren.
Zerreißprobe für ANC
Warum Zuma Gordhan trotzdem loswerden will, dafür nennen südafrikanische Medien und Politologen mehrere Gründe: Zuma will demnach zeigen, wer Herr im Haus ist, auch andere Minister können sich angeblich derzeit ihres Postens nicht sicher sein. Zudem ist Gordhan auch innerhalb des ANC umstritten. Manche nehmen ihm übel, dass er sich beim Bau eines Kraftwerks querlegt. Andere Regierungsmitglieder kritisieren wiederum Gordhans Behaaren auf Budgetdisziplin. Sie würden in Zeiten, in denen die Wirtschaft nicht recht vom Fleck kommt, lieber die Staatsausgaben erhöhen.
Eine andere Fraktion innerhalb des ANC schätzt aber Gordhan genau wegen seines Kurses und auch seiner langjährigen politischen Erfahrung. Zumas Entlassungswunsch stellt den ANC bereits vor eine Zerreißprobe. Laut der Nachrichtenagentur Reuters haben sich die Parteioberen bei einem Treffen am Mittwoch heftig über den Fall Gordhan gestritten.
Es wird daher nun spekuliert, ob Zuma selbst bis zum Ende seiner Amtszeit 2019 durchhält. Der Präsident ist aber solche Kämpfe gewohnt: Während seiner gesamten Präsidentschaft seit 2007 war nie die Frage, ob, sondern immer, wie sehr Zuma angeschlagen ist. Im Moment ist er stark angeschlagen. Doch das war er schon oft - und bis jetzt hat er sich immer im Ring gehalten.