Die Enteignung der Sparer nimmt 2017 kräftig Fahrt auf - zugunsten jener Staaten Europas, die sich exzessiv verschuldet haben.
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Dass die Inflationsrate in Österreich aktuell 2 Prozent beträgt, nehmen die allermeisten Menschen mit ganz erstaunlicher Gelassenheit zur Kenntnis, ähnlich wie erfahrene Salzkammergut-Gäste das dortige Wetter hinnehmen. Ist halt so.
Nun entsprechen diese 2 Prozent vorerst einmal ziemlich genau jener Inflationsrate, die nach den Regeln der Europäischen Zentralbank (EZB) als Preisstabilität gilt und deshalb anzustreben ist. (Warum eine Inflationsrate, die binnen eines Jahrzehntes ein Viertel eines Geldvermögens entwertet, so etwas wie "Stabilität" bedeutet, ist übrigens nicht wirklich nachvollziehbar und wohl eher einer Art von "Fake-Logik" geschuldet).
Doch angesichts der nach wie vor und wohl auch noch auf längere Sicht hin von der EZB erzwungenen Nullzinsen stellt eine solche, an sich ja noch halbwegs moderate Inflationsrate für jeden, der ein wenig Geld angespart hat, eine absolut gefährliche Drohung dar. Denn 2 Prozent Inflation bedeuten, wenn die Zinsen nahe null liegen, eine merkbare und sukzessive Enteignung aller Sparer. 2017, hat der deutsche Ökonom Clemens Fuest jüngst gemeint, werde "das schlimmste Jahr seit langem für die Sparer".
Dass fast keine Zinsen zu lukrieren waren, war angesichts der in den vergangenen Jahren ebenfalls nur minimalen Inflation noch einigermaßen hinnehmbar - doch jetzt, mit anziehender Inflation, wird es deutlich ungemütlicher. Rund vier bis fünf Milliarden Euro dürften die heimischen Sparer pro Jahr auf diese Weise unwiederbringlich verlieren, ein nicht eben trivialer Betrag.
Das gilt umso mehr, als die Rückkehr der Inflation mit einem anderen ökonomischen Megatrend zusammenfällt: dem Rückzug der Globalisierung. Dass in Ländern wie China die Löhne und damit der Wohlstand bemerkenswert gestiegen sind, wird sich künftig immer mehr in steigenden Preisen in Europa oder den USA niederschlagen müssen. Bisher konnte die von den Notenbanken generierte Inflation durch den massiven Import billiger Konsumgüter gleichsam im Schach gehalten werden, doch diese Möglichkeit entfällt nun zusehends. Verstärkt wird dies dadurch, dass die USA die Zinsen schon wieder anheben, der Dollar damit teurer und der Euro billiger wird, was alle Importe nach Europa verteuern wird.
Dabei bildet die öffentlich stark beobachtete Erhöhung der Verbraucherpreise nur einen Teil des Problems ab. Denn sie berücksichtigt überhaupt nicht, wie etwa die Preise für Eigenheime oder viele anderen Sachwerte steigen - und gerade da gibt es seit vielen Jahren ganz massive Anstiege, was natürlich nichts anderes als eine verdeckte Inflation darstellt - die aber nichtsdestoweniger die Kaufkraft des Geldes aufzehrt.
Linderung könnte in dieser unerquicklichen Situation nur die EZB schaffen, indem sie die Zinsen endlich wieder auf jenes Niveau anhebt, das der relativen Stärke der deutschen oder österreichischen Wirtschaft entspricht. Genau damit ist aber nicht im Geringsten zu rechnen, jedenfalls nicht auf absehbare Zeit. Denn geschähe das, drohte überschuldeten Euroländern wie etwa Italien der finanzielle Kollaps.
Deshalb schreitet die Enteignung der Sparer munter voran.
Christian Ortner