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Ein Arzt aus Leidenschaft ist immer in Ihrer Nähe

Von Ernest G. Pichlbauer

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Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.

Was ein Chorsänger und eine Pensionistin in den nächsten Wochen gemein haben? Sie sollen der Ärztekammer helfen, beliebt zu werden!


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Jetzt, da die EU-Wahl hinter uns liegt und die freundlich lächelnden Papp-Spitalsärzte der Wiener Ärztekammer im Plakatdschungel wohl nicht ganz zur Wirkung kamen, werden sie uns sicher auffallen, die neuen Plakate der Österreichischen Ärztekammer.

Im Juni sollen an rund 1100 öffentlichen Stellen Straßenplakate stehen, auf denen einem Chorsänger der Hals von einer adretten Blondine untersucht wird - während er singt, versteht sich.

Die Plakate, so verspricht sich die Kammer, werden insgesamt etwa 19 Millionen Kontakte in der Zielgruppe 18 Jahre und älter erzielen. Nicht nur Plakate soll es geben, auch Radio-Werbung. Zwei Hörfunk-Spots sollen insgesamt 147 Mal ausgestrahlt werden. Die Hörfunkspots und die Straßenplakate haben zusammen eine Reichweite von mehr als 90 Prozent. Das heißt: "Jeder Bürger oder jede Bürgerin kommt mit den Botschaften unserer Werbung öfter in Kontakt", so die Ärztekammer. Und was ist die Botschaft? Ein Arzt aus Leidenschaft ist immer in Ihrer Nähe.

Wer so viel Geld in Imagekampagnen investiert, der hat dafür seine Gründe. Wenn man einmal davon absieht, dass diese Kampagne das Image der Ärzte nicht wirklich verbessern kann - die Kammer selbst zitiert aus Studien, wonach die Ärzte weiterhin Traumwerte erzielen und solange die Informationsasymmetrie zwischen dem hilfesuchenden Patienten und dem Arzt existiert, wird sich daran kaum etwas ändern -, muss etwas anderes dahinter stehen.

Vielleicht hat die Kammer ja einfach zuviel Geld, das sie teuren PR-Agenturen geben will. Natürlich könnte auch ein interner Machtkampf dahinter stehen. Schließlich zerreißt es die Kammer, weil sie die Grätsche zwischen den angestellten Ärzten, den niedergelassenen Kassenärzten und den Wahlärzten kaum mehr auf die Reihe bringt. Dieser Konflikt wird früher oder später zu einer Trennung der Bereiche führen müssen - oder die Kammer in die Bedeutungslosigkeit verbannen.

Aber ich tippe auf etwas viel Simpleres. Der 30. Juni steht vor der Tür, und dann wird man Reformvorschläge durch den Hauptverband vorfinden. Bei einigen wird man mitgehen können, bei anderen - insbesondere wenn es um Verträge und Honorare geht - wird man eine starke Verhandlungsposition brauchen. Und die gilt es vorzubereiten.

Beim letzten Mal hat das mit dem Streik ja noch geklappt, aber die Bevölkerung war da schon skeptisch. Zudem gibt es aus Deutschland ganz andere Signale. Dort ist die Regierung in ihren Reformschritten sehr viel unbarmherziger und lässt sich auch von Massendemonstrationen und Streiks nicht abbringen. Und um hiesige Politiker gleich weich zu kochen, wird ihnen daher mitgeteilt, dass alle Österreicher von dieser Kampagne gleich öfter erfahren werden! Also aufpassen, liebe Politiker!

Daher wird es wohl nur darum gehen, sich mit sehr viel Geld für Streikmaßnahmen zu rüsten. Wohlgemerkt stammt das Geld aus Pflichtbeiträgen aller Ärzte, also der angestellten genauso, wie von den etwa 10.000 armen Schluckern, die zwar niedergelassene Ärzte sind, aber keinen Kassenvertrag haben. Aber wie der Text zu dieser Kampagne verrät, geht es eigentlich nur um Kassenärzte.

Aber was soll´s. Ich finde die Plakate drollig. Besonders das Plakat, das in den Ordinationen aufgehängt werden soll. Da überprüft ein junger adretter Arzt einer alten Dame den Kniereflex - während diese mit ihrer ebenfalls betagten Freundin Tauben im Park füttert.