)
65.000 in Zulieferindustrie beschäftigt. | Große Gründungswelle war in den 80er Jahren. | Wien. Magna-Steyr in Graz, General Motors in Wien-Aspern, BMW in Steyr, Voestalpine Automotive in Linz: Österreichs Autozulieferindustrie, an sich eine Erfolgsstory, wird von der Auto mobilkrise gebeutelt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Begonnen hat alles vor 30 Jahren, und zwar ebenfalls mit einer Krise und mit einem Phantom: Die Krise war ein riesiges Loch in der Handelsbilanz, ein Hauptgrund dafür die Autoimporte. Und das Phantom war der "Austro-Porsche". Dieser wurde zwar nie gebaut. Das dem damaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky zugeschriebene Schlagwort diente aber als Motor für den Aufbau der österreichischen Auto-zulieferindustrie.
Wobei die Ideen für ein österreichisches Auto recht konkret waren: Porsche sollte ein Auto der gehobenen Mittelklasse konstruieren, es sollte in Österreich gefertigt werden, und VW sollte den Vertrieb übernehmen. Gescheitert ist das Projekt an zu geringen Stückzahlen. Und auch VW hat abgewinkt: Das Modell hätte dem konzerneigenen Audi Konkurrenz gemacht. Und so erhielt der "Austro-Porsche" ein Begräbnis erster Klasse.
In Juni 1978 hat die Bundesregierung zu einem großen Kongress in die Wiener Hofburg geladen, unter dem Titel "Soll Österreich Automobile bauen?" Von wissenschaftlicher Seite und organisatorisch federführend war Universitätsprofessor Hans Peter Lenz, Vorstand des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen an der TU Wien. Das Ergebnis: Österreich sei - siehe "Austro-Porsche" - zu klein, um eine eigenständige Autoproduktion mit einer eigenen Marke auf den Märkten zu platzieren. Aber für den Aufbau einer Zulieferindustrie seien die Voraussetzungen günstig.
Jeder dritte Opel-Motor
Das erste Projekt, das aus dem Boden gestampft wurde, war die Ansiedelung von General Motors in Wien-Aspern, zunächst als Motorenwerk. Die Investitionssumme von knapp 10 Milliarden Schilling (726 Millionen Euro) wurde zu einem Drittel aus öffentlichen Förderungen aufgebracht - noch unbehelligt von EU-Wettbewerbshütern, die sich an der hohen staatlichen Beihilfe gestoßen hätten.
1982 produzierten 1600 Beschäftigte die ersten Opel-Motoren. Schon zwei Jahre später waren es 2200 Mitarbeiter, die Jahresproduktion lag bei 230.000 Motoren und 250.000 Getrieben. Und 1988 produzierten 2700 Mitarbeiter rund 380.000 Motoren und 510.000 Getriebe. Die Angst, Opel in Aspern könnte bloß eine verlängerte Werkbank bleiben, erwies sich als unbegründet: Schon bald wurde eine Entwicklungsabteilung errichtet. Der neue Name General Motors Power train Austria wurde wegen der Entwicklung und der Produktion von Motoren und Getrieben gewählt. 2004 entstand ein neues Getriebewerk, insgesamt hat GM mehr als 2 Milliarden Euro in Wien Aspern investiert. Jeder zweite Opel fährt heute mit einem Getriebe aus Österreich und jeder dritte mit einem Motor "made in Austria".
Schon zuvor hatte sich BMW in Steyr niedergelassen. Aus dem gemeinsamen Motorenwerk mit Steyr-Daimler-Puch wurde schon 1981 BMW Steyr, 10 Jahre später wurde der einmillionste BMW-Motor aus Steyr gefeiert. BMW lässt alle seine Dieselmotoren in Österreich entwickeln. Nach sieben Ausbaustufen und insgesamt fast 4 Milliarden Euro an Investitionen erwirtschaften 2600 Beschäftigte rund 2,7 Milliarden Euro an Umsatz. Rund zwei Drittel aller BMW Motoren stammen aus dem BMW Werk in Steyr.
Dritter großer Automobil-Investor in Österreich ist Magna des Austro-Kanadiers Frank Stronach mit der Übernahme von Steyr-Daimler-Puch. Steyr-Daimler-Puch, über die Creditanstalt indirekt verstaatlicht, war durch Jahre hindurch ein Sorgenkind. Die Lkw-Produktion mit 5000 Stück pro Jahr zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Die Lkw-Sparte von SDP ist zu MAN gewandert, die Stückzahl hat sich auf rund 12.000 im Jahr mehr als verdoppelt.
Die Wälzlager waren ein steter Verlustbringer, Traktoren und Landmaschinen immer auf der Kippe. Zur Panzerherstellung und vor allem zum Export hatte die Politik immer ein zwiespältiges Verhältnis, das Bundesheer als Kunde war recht wenig. Geld verdient wurde eher mit der Generalvertretung für Fiat-Automobile.
Klassiker "Haflinger"
Im Grazer Puchwerk hat sich - nach dem Scheitern der Zweiradproduktion - als hoffnungsvoller Kern die Allradtechnik vom Puch "Haflinger" weiterentwickelt: in den späteren Verkaufsverhandlungen ein Objekt der Begierde, auch für Frank Stronach.
Aushängeschild war der Mercedes G, der Geländewagen, der eine Zeit lang für den österreichischen und den osteuropäischen Markt als Puch G verkauft wurde und noch heute als feines Vehikel für Spezialisten gilt. Daneben sind noch andere Allradversionen diverser Marken aus den Hallen in Graz gerollt.
1998 hat Frank Stronach Steyr-Daimler-Puch für 4 Milliarden Schilling (290 Millionen Euro) übernommen, erfolgreich filetiert und sich auf den Standort Graz-Thondorf konzentriert.
Dort lief schon seit 1990 die erfolgreiche Produktion des Chrysler Voyager im Eurostar-Werk. Chrysler war Kunde von Magna, und Chrysler war mit den Autos aus Graz höchst zufrieden. Und es gab in Graz die AVL, führend in der Motorenentwicklung und bei Motorenprüfständen, auch für die Formel 1. Überdies finanziert Magna heute vier Lehrkanzeln an der Technischen Universität Graz, mit trotz der derzeitigen Krise intakten Zukunftschancen für junge Techniker.
Magna spitzte auf Voest2002 landete dann auch das Eurostar-Werk unter dem Dach von Magna. Nicht nur Nostalgie hat also den geborenen Steirer Frank Stronach nach Graz geführt. Eines der erfolgreichsten Modelle im Lauf der Jahre: der BMW X-3. Alles in allem hat Magna in Graz pro Jahr mit rund 6000 Beschäftigten 250.000 Autos produziert, das ist schon vor der aktuellen Krise weniger geworden.
Unter die großen Auto-Zulieferer hat sich auch die Voestalpine eingereiht. Neben den traditionellen Lieferungen von Spezialblechen haben die Linzer eine eigene Automobil-Division aufgebaut. So erfolgreich, dass bei der Restprivatisierung der Voestalpine selbst Magna zuschlagen wollte, was im letzten Moment durch öffentlichen Druck verhindert wurde. Magna wolle die Voestalpine zerschlagen, so der Verdacht. Die Voestalpine macht mit den Blechen, den fertigen Türen und anderen Komponenten aus der Automobilsparte sowie mit Edelstahl-Komponenten von Böhler-Uddeholm mehr als ein Viertel des Konzernumsatzes mit der Autoindustrie.
Der Lagerhersteller Miba, die Auspuffhersteller Sebring und Remus oder der Innenausstatter Eybl International, mit einem Marktanteil von 25 Prozent in Westeuropa, sind weitere Beispiele für das Autoland Österreich. Das wirtschaftspolitische Ziel, mit Autozulieferteilen die Importe abzudecken, wurde 1994 nach 15 Jahren erreicht: Autoimporten von 41,1 Milliarden Schilling (2,9 Milliarden Euro) standen Auto- und Zulieferexporte von 43,7 Milliarden Schilling (3,2 Milliarden Euro) gegenüber.
2008 erwirtschaftete die gesamte Zulieferindustrie mit 65.000 Beschäftigten einen Produktionswert von 15,6 Milliarden Euro.