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Mittwoch Mittag war die Überraschung perfekt: ÖVP-Spitzenkandidat Landeshauptmann Franz Schausberger präsentierte mit Wilfried Haslauer jun. seinen eigenen Nachfolger. Angesichts des drohenden Machtverlusts der ÖVP in Salzburg erinnert der Coup sehr an einen Befreiungsschlag, um dem Wahlkampf noch rechtzeitig eine neue Dynamik zu verleihen. Für die Salzburger Meinungsforscherin Ernestine Depner-Berger ein riskantes Manöver mit ungewissem Ausgang.
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"In den letzten sechs Monaten hat sich nichts mehr bewegt: Die SPÖ lag konstant 2 Prozentpunkte vor der ÖVP." Diese Einschätzung Depner-Bergers gegenüber der "Wiener Zeitung" teilten offensichtlich auch die VP-Strategen. Bereits seit geraumer Zeit sieht sie die in Umfragen erhobenen Stärkeverhältnisse zwischen den Parteien festgefahren und lediglich geringen Schwankungen unterworfen: SPÖ 42 Prozent, ÖVP 40 Prozent, Grüne 9 bis 11 Prozent und die FPÖ 7 bis 9 Prozent.
Irgendetwas musste also geschehen, um das Ruder noch rechtzeitig für die seit 1945 im Land dominierende Partei herumzureißen. Und dieses Irgendetwas fand gestern statt: In einer völlig überraschenden Nacht- und Nebelaktion präsentierte Schausberger zu Mittag mit Haslauer junior seinen eigenen Nachfolger als Landeshauptmann. "Extrem überraschend, sehr problematisch und politisch riskant": So fällt die erste Einschätzung des Coups durch Depner-Berger aus. Mit Haslauer werde nun ein kaum bekanntes und - was noch schwerer wiege - politisch völlig unbeschriebenes Blatt ins Rennen geschickt. Im Moment könne man, so Depner-Berger, lediglich an den bekannten Namen eines legendären Landeschefs anknüpfen. Nun stehe die ÖVP vor dem Problem, in der noch verbliebenen kurzen Zeit bis zum Wahltermin Haslauer mit einem aussagekräftigen politischen Profil zu versehen.
Allerdings sieht auch die Meinungsforscherin in dem Überraschungsmanöver die Chance für die VP, sich nun aus dieser festgefahrenen Situation zu befreien, in der die Spitzenkandidatin der SP, LH-Stv. Gabi Burgstaller, an Sympathie und auch in der Frage nach der LH-Direktwahl gegenüber dem Amtsinhaber ständig zulegte. Aus dem Zweikampf wurde nun durch die Hereinnahme Haslauers ein Dreikampf - wenngleich mit ungewissem Ausgang: "Bewegung wird es sicher bringen. Die Frage ist nur, in welche Richtung."
Über Sieg oder Niederlage, ist Depner-Berger überzeugt, entscheidet in diesem Wahlkampf, welche Partei die eigenen Anhänger besser mobilisieren kann. Hier hatte die VP mit Schausberger, der innerparteilich nicht unumstritten war, ein Handicap gegenüber der bei der SP-Klientel beliebten Burgstaller.
Haslauer sei daher in erster Linie ein Signal an die - vielfach in ihrer Wahlentscheidung noch unentschlossenen - potenziellen VP-Wähler. Parteiungebundene Wähler ließen sich mit einem solchen Coup kaum ansprechen. In der Mobilisierung der eigenen Klientel liege sicherlich eine Chance für die Volkspartei, die allerdings - angesichts des unbekannten Haslauers - erst genutzt werden müsse.
Im Moment jedenfalls sieht Depner-Berger die potenziellen VP-Wähler eher verunsichert. Schließlich versichere Schausberger nach wie vor, dass er nicht amtsmüde sei, daher stelle sich für diese die Frage nach dem "Warum gerade jetzt?".
Schausberger selbst nannte gestern als einen Grund die nicht verstummen wollenden Gerüchte über private Eheprobleme. Mit Haslauer hat er nun jenen Rechtsanwalt als Nachfolger präsentiert, der schon in dieser Sache für Schausberger in den Kampf gezogen ist, indem er Klage einreichte.