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Ein Begräbnis erster Klasse für einen roten Slogan

Von Clemens Neuhold

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Politik ist das Bohren harter Bretter. Die SPÖ ist mit ihren Millionärssteuern in der schwarzen Eiche stecken geblieben. Nach der Vermögenssteuer hat die SPÖ - wie es aussieht - auch die klassische Erbschaftssteuer dem Kompromiss mit der ÖVP geopfert.

Politik ist der Abtausch von Zielen. Die Arbeiterpartei SPÖ hat das Ziel, die Steuern auf Arbeit zu senken über jenes der "Gerechtigkeit" gestellt. Unter diesem Slogan kampagnisierte sie über Jahre für Millionärssteuern, um die Schere zwischen Arm und Reich ein Stück weit zu schließen. Nun dreht sie hier statt an den großen Vermögenssteuern weiter nur an kleineren Schrauben wie höheren Steuern aufs Kapital (Dividenden-KESt). Die weitere Öffnung der Schere blockiert das kaum. "Politik ist das Rendezvous mit der Realität" (Deutscher Finanzminister Wolfgang Schäuble). Ohne klassische Erbschaftssteuer sieht die rote Realität so aus: Die SPÖ hat das interne Match um die Vermögenssteuern gegen die ÖVP 0:2 verloren. Klar ist: Die Gerechtigkeit, wie sie die SPÖ versteht, ist nur so viel wert, wie es der schwarze Partner will.

Die Realität für Werner Faymann, der nicht nur SPÖ-Teamchef, sondern auch Chef der Regierung ist: Er muss hoffen, Applaus für die gemeinsame Steuersenkung zu bekommen. Er muss sich den Applaus aber mit der ÖVP teilen.

Und er muss ausrechnen, wie viele Stimmen er am - ohnedies schwachen - Parteitag bekommen hätte, wenn die Genossen vom Begräbnis erster Klasse, das sich für einen roten Slogan abzeichnet, gewusst hätten.