)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Feiertage unterbrechen den Alltag. Durch das Anderssein des Feiertags wird der Alltag wieder attraktiv. Das ORF-Fernsehen hat die Fähigkeit, Feste zu feiern, weitgehend verloren. Radio Ö1 dagegen versteht sich darauf, den Alltag durch eine besondere Programmierung kostbar zu machen. An Maria Himmelfahrt hieß es anstelle von "Pasticcio" nicht wie sonst am Sonntag "Du holde Kunst", sondern "Der ganze Himmel freute sich". Barbara Denscher hat dafür "Reisebriefe der Romantik" zusammengestellt. Neben bekannteren Texten wie jenem von Heinrich Heine, der durch Tirol reiste, hatte auch der Philosoph und Theologe Friedrich Schleiermacher einen Auftritt, der die Schönheiten des Linzer (!) Raumes pries.
Nach dem "Feiertagsjournal" lud die Kräuterkundlerin Johanna Reichenvater zu einem Spaziergang in ihrer Ausseer Heimat: Was am Waldrand oder am Wiesenrand wächst, erregt die Aufmerksamkeit dieser Kräuterfachfrau. Bei der Schilderung der beinahe wundertätigen Wirkung von Spitzwegerich und Co. dachte ich, selbst eine Kräuterfreundin: der Materialist will glauben wie der Gläubige. Der eine verlässt sich auf den multifunktionalen Hl. Antonius von Padua, der andere hat Johannisöl für alle Wehwehchen.
Je fester der Glaube, desto größer dürfte hie wie dort die Wirkung sein . . . In kaltgepresstem Öl wird am Feiertag, denn unter der Woche hat für solche Sache kaum jemand Zeit, die Blütendolde des getüpfelten Johanniskrautes in einer Flasche auf dem sonnigen Fensterbrett angesetzt. Und dann kann nichts mehr passieren.