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Ein besonders spezielles Verhältnis

Von Konstanze Walther

Politik
Ballon-Trump beim Aufblasen.
© fp/Infantes

May braucht Washington nach dem Brexit mehr denn je, aber die Chemie zwischen ihr und Trump stimmt nicht.


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London/Washington. Die USA und das Vereinigte Königreich verbindet eine "special relationship". Das erklärte Winston Churchill nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Kontinent Europa lag in Trümmern, die Welt war in Westen und Osten geteilt, die Zukunft ungewiss. Die USA und das Vereinigte Königreich verband mehr als nur ihre Geschichte und die Sprache: Zwei Siegernationen, die aufgrund ihrer Geografie immer wieder mit dem Absentieren, dem Sich-Isolieren von den Problemen der Welt flirten.

Dieses "besondere Verhältnis" beschwört die britische Premierminsterin Theresa May auch heute noch gebetsmühlenartig. Kein Wunder, denn der britische Isolierungsgedanke in Sachen Brexit hat das Inselreich in eine diplomatische Ecke im europäischen Kontext gestellt. Wer bleibt denn da sonst als Verbündeter, wenn nicht die USA?

Blöd nur, dass sich die politischen Vertreter der Länder derzeit eigentlich nicht riechen können. US-Präsident Donald Trump imponiert bekanntlich Stärke. Trump nannte Russlands Präsident Wladimir Putin einst bewundernd einen "starken Führer", Nordkoreas Kim Jong-un bekam von Trump das Prädikat "sehr intelligent". Und hinsichtlich der US-Beziehungen zu deren beiden Ländern - Russland und Nordkorea - gibt es aus Sicht von Trump noch etwas zu holen - historische Abkommen, die ihren Weg in die Geschichtsbücher finden.

Großbritannien ist für Trump wenig glamourös. Laut seinem Beraterstab nimmt der US-Präsident etwa nur äußerst ungern Telefonate von May an, da er ihren "Schuldirektoren-Tonfall" nicht gut finde, sowie ihr Drängen auf konkrete Ansagen statt vagen Gefühlsausdrücken. Trumps Missfallen gegenüber May äußerte sich etwa auch darin, dass er keine Zeit für ein bilaterales Treffen am Rande des G7-Gipfels in Kanada im Juni hatte. Ein hochrangiger US-Diplomat erklärte damals, Trump sei über Mays viele Forderungen verärgert, sie würde seines Erachtens das besondere Verhältnis zwischen London und Washington ausnutzen wollen.

May beschwört Beziehung

Aber es ist nun einmal ein besonderes Verhältnis, beteuert May am Donnerstag, als Trump zu einem viertägigen Besuch im Vereinigten Königreich landete. Seinem ersten Besuch seit Amtsantritt vor immerhin eineinhalb Jahren. Auch Tee mit der Queen steht am Programm. Und Golfen auf seinem Golfplatz in Schottland.

"Unsere Beziehungen beim Handel und Investitionen sind beispiellos- wir sind die größten Investoren in den Volkswirtschaften des jeweils anderen", trommelt May weiter. Und es soll laut der Premierministerin wieder einmal um Konkretes gehen. "Diese Woche haben wir die Gelegenheit, diese einzigartige Handelsbeziehung zu vertiefen. "

Und May stellt klar, was sie offenbar auch Trump ins Schulheft schreiben möchte: "Es gibt keine stärkere Allianz als diese, nämlich unsere besondere Beziehung mit den USA und es wird in den kommenden Jahren keine Allianz geben, die wichtiger ist", erklärte die Regierungschefin. Sie freue sich schon auf die "wichtigen Diskussionen".

Doch dieses spezielle Verhältnis scheint in der öffentlichen Meinung derzeit von besonderer Abneigung geprägt zu sein. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov haben rund 77 Prozent der Befragten keine gute Meinung von Trump. Mehr als 60.000 Briten haben im Vorfeld erklärt, sie werden am Freitag in London gegen Trump auf die Straße gehen. Die Demonstration wird mit einem riesigen Ballon begleitet, der Trump als Baby mit Windel, Haartolle und Handy, darstellt. Trump-freundliche Kommentatoren empörten sich darüber, dass der Londoner Bürgermeister die Erlaubnis für den Ballon erteilt hatte - oft mit dem Hinweis begleitet, dass Sadiq Khan ja Moslem sei.

Wie es um das Verhältnis zwischen den Ländern bestellt ist, zeugt die Warnung der US-Botschaft an US-Bürger, die in Großbritannien leben: Sie sollen sich bedeckt halten und nur nicht auffallen, sollten die Demonstrationen gewalttätig werden. Um die Residenz des US-Botschafters wurde übrigens ein hoher Zaun errichtet - dort verbringt Trump die Nacht auf Freitag laut Plan.

Der ganz offizielle Teil am Donnerstag beginnt mit einem Abendessen außerhalb Londons - Trump, May und rund 100 Wirtschaftsvertreter sitzen dabei zusammen.

Kritiker des britischen Hofieren Trumps vor den USA, fanden auch bei der Menü-Abfolge Haare in der Suppe. "Die Auswahl der Speisen orientiert sich stark an Trumps Kindergarten-Geschmack", schreibt etwa der "Guardian" süffisant, es werden "wenig angsteinflößende Speisen wie Rindfleisch und Eiscreme und Zitronenkuchen" kredenzt. Trump ist für seine Liebe zu Fast Food bekannt.

Damit ist zumindest das Essen außer Streit gestellt. Beim Rest darf man gespannt sein. Trump hat vor dem Besuch zuletzt offen Mays Führungsqualitäten in Frage gestellt. Großbritannien sei ja gerade ein "Pulverfass mit vielen Kündigungen", erklärte Trump noch beim Nato-Gipfel. Dabei ist es ihm offenbar besonders um den ehemaligen Außenminister Boris Johnson leid, der sich ja schon als Trump-Fan geoutet hatte. Johnson ist angesichts der Brexit-Pläne von May, die sich nun für weitere Beziehungen mit der EU ausspricht, zurückgetreten. Trump bekrittelte auch im Vorfeld diese Entscheidung. Er sei sich nicht sicher, ob die Brexit-Pläne Mays dem Votum der Briten gerecht würden, sagte er. Man habe sich schließlich für einen Bruch ausgesprochen. May wies immerhin diese Kritik zurück.