Die jüngste Welle der Debatte um zweisprachige Ortstafeln in Kärnten beschäftigt Österreich jetzt seit vier Jahren. Eigentlich eigenartig, wenn man bedenkt, dass zweisprachige Ortstafeln im Burgenland und in der Steiermark kein Problem sind. Im Gegenteil, nicht Ortskundige erfahren dadurch, in welchem Gebiet sie sich gerade bewegen und können so auch histori sche Hintergründe erfassen.
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Im Dezember 2001 hatte das Höchstgericht aufgrund einer Beschwerde des Slowenen-Vertreters Rudi Vouk (er hatte eine Anzeige wegen Schnellfahrens im Ortsgebiet St. Kanzian beeinsprucht) die 25-Prozent-Klausel im Volksgruppengesetz von 1976 und die Topografieverordnung des Bundes aufgehoben: Eine Ortschaft mit mehr als zehn Prozent Minderheitenanteil sei ein Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung, begründete das Höchstgericht. Aufgehoben wurde auch eine Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt über die nur einsprachige Ortstafel im damaligen Anlassfall St. Kanzian. Eingeräumt haben die Verfassungsrichter eine Frist von einem Jahr.
Derzeit stehen in Kärnten in 77 Orten zweisprachige Tafeln. Wenn man von zehn Prozent ausgeht, müssten 364 Orte mit zweisprachigen Tafeln gekennzeichnet sein - sagen die Slowenenvertreter. Ein Kompromissvorschlag des Historikers Stefan Karner sieht 158 Orte mit zweisprachigen Tafeln vor.
Da sich aber nichts bewegt, versuchen die Slowenenvertreter nun jeden einzelnen Fall mittels Geschwindigkeitsübertretungen an das Höchstgericht zu bringen, um eine Entscheidung herbeizuführen. Soviel zu den Fakten.
Landeshautmann Jörg Haider hatte sich gleich zu Beginn gegen das Urteil gewehrt. Seither versucht er mit allen möglichen "Argumenten" ein Kärntner Bevölkerungsbild nach seinem Willen zu zeichnen. Dahinter steht natürlich die tiefe Kluft, die der "Abwehrkampf" im südlichsten Bundesland aufgerissen hat und die noch immer nicht ganz überwunden scheint. Haider versucht diese nicht zu überbrücken und positive Lösungen zu suchen. Im Gegenteil, er hält das Feuer am Lodern, um so Stimmen für sein BZÖ holen zu können. In diesem Punkt trifft er sich mit der FPÖ, die im selben Wasser fischen möchte.
Das ist auch der Grund, warum der von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel unterstützte Kompromissvorschlag Karners, den sowohl der Kärntner Heimatdienst als auch die Slowenenvertreter bereits abgesegnet haben, sicher nicht - wie von Schüssel angestrebt - bis zum Sommer umgesetzt wird. Dann wäre ja ein wichtiges Thema für die Nationalratswahl perdu. Und das BZÖ braucht in Kärnten ein Grundmandat, um irgendeine Chance auf einen Wiedereinzug ins Parlament zu wahren.