Zum Hauptinhalt springen

Ein bisschen Bayern in der Steiermark

Von Martina Pock

Politik

Steirische KPÖ geht auf Distanz zur Bundespartei: "Haben CDU/CSU-Lösung."


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Graz. Seit Jahren schon ist die Steiermark ein wenig anders, wenn Wähler zu den Urnen gerufen werden. Auf Landesebene und besonders in Graz feiern die Kommunisten seit geraumer Zeit beachtliche Erfolge, im Rest Österreichs wird die KPÖ hingegen kaum wahrgenommen und rangiert bei Wahlen meist unter einem Prozent. In diesem Jahr versucht es Mirko Messner als Spitzenkandidat zur Nationalratswahl zum dritten Mal, ist allerdings ohne realistische Chance.

Dabei zählt die KPÖ zu den Gründerparteien der Zweiten Republik. Seit sie jedoch nach den Nationalratswahlen 1959 mit nur mehr 3,3 Prozent der Wählerstimmen aus dem Nationalrat geflogen ist, blieb die Partei auf Bundesebene stets unter vier Prozent - und auch diesmal wird es für die KPÖ keine Überraschung geben, wie Politik-Experte Heinz Wassermann vom Institut für Journalismus und PR der FH Joanneum in Graz sagt: "Die vier Prozent sind jenseits jeder Realität. Alles, was über ein Prozent hinausginge, wäre schon ein Erfolg."

Anders in der Steiermark. Hier konnten die Kommunisten in den vergangenen Jahren punkten. Bei der Gemeinderatswahl in Graz im Herbst 2012 landete die Kommunistische Partei mit Elke Kahr an der Spitze bei mehr als 20 Prozent auf damit sogar auf Platz zwei hinter der ÖVP, zudem sitzt die KPÖ in 14 weiteren Gemeinden in der Steiermark - darunter in Leoben, Kapfenberg, Mürzzuschlag, Bruck, Judenburg, Weiz und Zeltweg - im Gemeinderat.

Auch im steirischen Landtag ist die KPÖ vertreten, auch wenn sie vor zwei Jahren zwei ihrer vorher vier Mandate verloren hat. Was würde angesichts derartige Ergebnisse näherliegen, als auch auf Bundesebene jemanden aus der Steiermark als Spitzenkandidaten zu nominieren. Laut Bundessprecher Mirko Messner wurde sowohl vom Bundesvorstand als auch von Grazer Seite versucht, Ernest Kaltenegger für die Nationalratswahl als Spitzenkandidat zu gewinnen. "Aber er hatte sich entschlossen, nicht mehr zu kandidieren", sagt Messner.

"Arbeiter statt Milliardär"

Der ehemalige Landtagsabgeordnete hatte sich bereits 2008 aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurückgezogen. Außerdem gehen die steirischen Kommunisten seit 2006 ihrer eigenen politischen Wege. Grund dafür waren Uneinigkeiten beim Thema EU, bei dem die Steirer an einem Austritt festhalten, und bei der Frage, ob die Kommunisten Mitglied der europäischen Linkspartei werden sollten. Ein Schritt, der auf Bundesebene gewünscht, von den Steirern jedoch nach wie vor abgelehnt wird.

Eine Spaltung gibt es aber nicht, wie Kurt Luttenberger, Spitzenkandidat der steirischen KPÖ, klarstellt: "Wir haben quasi eine CDU/CSU-Lösung." Der Grazer Gemeinderat präsentiert sich auf Wahlplakaten als "Arbeiter statt Milliardär", einen Teil ihres politischen Einkommens zahlen KPÖ-Politiker in einen Sozialfonds ein, der bei Finanzierungen von Zahnspangen und Heizkosten hilft. Durch diese "Samariterpolitik" habe sich die Partei über Jahrzehnte hinweg eine Authentizität aufgebaut, die sogar Ernest Kaltenegger überlebt hat, wie Wassermann feststellt: "Kaltenegger war immer sehr glaubwürdig, quasi die populistisch nette Version von Jörg Haider, frei von dessen verbalen Entgleisungen."

Schwäche der SPÖ

Das Thema "Leistbares Wohnen" dominiert auch in diesem Wahlkampf das Programm der KPÖ, sowohl auf Bundesebene als auch in der Steiermark. "Permanent campaining" über das ganze Jahr hinweg und eine volksnahe Politik sind genauso für den Erfolg der Kommunisten in der Steiermark und speziell in Graz verantwortlich, wie die Schwäche der Grazer SPÖ. "Ich bin ein Kommunist, aber wir machen den Hauptteil der Arbeit, die die SPÖ früher gemacht hat", sagt Luttenberger.

Im Rest Österreichs kommt die KPÖ aber nicht recht vom Fleck, während in der Steiermark einige größere Städte Kommunisten im Gemeinderat haben, in Trofaiach die KPÖ sogar eine Vizebürgermeisterin stellt. "Unsere Parteibüros sind Anlaufstellen für Menschen in Notlagen und nicht verrauchte Treffpunkte von Hinterzimmer-Revoluzzern", sagt ein Grazer KPÖ-Mitarbeiter.

Zankapfel Grundeinkommen

Fixe Mietzinsobergrenzen und Teuerungsstopp durch amtliche Preisregelungen bei Gütern des täglichen Bedarfs, lauten zwei der Forderungen der KPÖ. Bei dem von der Bundespartei geforderten bedingungslosen Grundeinkommen scheiden sich die innerparteilichen Geister. Niemand könne voraussagen, welche Folgen ein solches Projekt haben würde, warnt Luttenberger. Vielmehr könne er sich ein "Moratorium auf Zeit", wie es Luttenberger nennt, vorstellen - finanziert mittels einer Solidarabgabe von Milliardären. "Da bin ich schon dafür, dass dann einigen ihr Geldkofferl an der Grenze abgenommen wird", so Luttenberger, der dann wieder auf einer Linie mit dem Spitzenkandidaten ist. Es sei genug da, sagt Mirko Messner, es scheitere jedoch bei der Umverteilung. "In den EU-Staaten gehen jährlich tausend Millionen Euro durch legale und illegale Steuerflucht verloren, und an der Spitze der Gesellschaft besitzt ein Prozent drei Viertel des Gesamtvermögens, während die untere Hälfte der Bevölkerung mit vier Prozent auskommen muss."