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Ein bisschen Frieden?

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Gibt es erste, zarte Hoffnungen auf einen Waffenstillstand in der Ukraine?


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21 Tage nach dem Beginn des Angriffskrieges von Wladimir Putins Russland gegen die Ukraine gibt es nun erste, zarte Hoffnungen auf einen möglichen Waffenstillstand. Am Mittwoch wurde sogar darüber spekuliert, dass direkte Gespräche zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine nicht unmöglich wären. Ein zentrale Forderung Putins für ein mögliches Abkommen wäre der Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt. Bisher stand eine Aufnahme in den Nordatlantik-Pakt ganz oben auf der Wunschliste des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Vor kurzem hat er die ukrainische Bevölkerung aber darauf vorbereitet, diesen Traum aufzugeben - und zwar auf recht geschickte Weise: "Wir haben jahrelang gehört, dass die Türen (zur Nato, Anm.) offen sind, aber wir haben auch gehört, dass wir nicht beitreten können. Das ist die Wahrheit, und wir müssen das anerkennen", sagte Selenskyj in einer Videoschaltung. Damit spielte er den Schwarzen Peter geschickt der Nato zu - das Nordatlantik-Bündnis wird es verkraften, der Spielverderber zu sein, und Selenskyj geht damit einen Schritt auf Moskau zu.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat am Mittwoch eine Neutralität der Ukraine nach dem Vorbild Schwedens oder Österreichs ins Spiel gebracht und als "derzeit diskutierte Option" bezeichnet. Für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj sind wiederum Sicherheitsgarantien, "die funktionieren", zentral. Denn mit den Sicherheitsgarantien aus Moskau ist es so eine Sache: Sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen, solange im Kreml Putin als russischer Präsident residiert.

Im Budapester Memorandum verzichtete die Ukraine 1994 auf jene Nuklearwaffen, die das Land von der Sowjetunion geerbt hatte. Im Gegenzug garantierte der Kreml damals, die Souveränität und die bestehenden Grenzen der Ukraine zu respektieren. Damit war es im Jahr 2014 vorbei, als Russland die Krim annektierte und von Moskau vorgeschobene Marionettenregimes in Luhansk und Donezk selbsternannte Volksrepubliken errichteten.

Im Februar 2015 wurde von Putin das Minsker Abkommen unterzeichnet, das auf eine Deeskalation und Befriedung des Krieges in der Ostukraine abzielte. Am 21. Februar 2022 erklärte der Autokrat im Kreml, dass es für dieses Abkommen keine Aussichten mehr gebe - ein paar Tage später gab Putin den Befehl zum Angriff auf breiter Front gegen die Ukraine. Irgendwelchen "Sicherheitsgarantien" Putins zu vertrauen, wäre also naiv und töricht. Aber was tun, wenn die Alternative lautet, dass Putin weiter die Ukraine in Schutt und Asche legt und das sinnlose Sterben weitergeht?